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Auch die kommunale Schiene liberalisieren

(Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Hieß es nicht immer, die wettbewerbliche Vergabe von kommunalem Schienenverkehr sei aus technischen Gründen nicht möglich? Der VDV selbst hat über Jahre – und tut es weiter – das Narrativ verbreitet, wonach jedes kommunale Schienensystem so speziell sei, dass es völlig unmöglich wäre, hier verschiedene Betreiber zu beauftragen. Ein Blick nach Großbritannien zeigt, dass das Quatsch.

Niemand, der behauptet, die Manchester Metrolink könne aus technischen Gründen nur von den Stadtwerken Manchester betrieben werden, würde dort ernst genommen. Das weit weniger marktaffine Kontinentaleuropa hat da leider eine ganz andere Einstellung. Dabei zeigt doch gerade die gemeinsame Fahrzeugbestellung verschiedener Verkehrsunternehmen aus ganz Deutschland, dass es sehr wohl eine Menge Gemeinsamkeiten gibt.

Und ja, es ist möglich, dass auch andere Unternehmen als die, die im Eigentum des kommunalen Aufgabenträgers stehen, in der Lage wären, den Verkehr zu betreiben. Es gibt, außer der Protektion kommunaler Eigenbetriebe, überhaupt keinen sachlichen Grund für Inhouse-Vergaben. Denn die üblichen Fragen stellen sich auch weiter: Wer kontrolliert die Ruhrbahnen, BVGs und wie sie alle heißen?

Was passiert bei fortgesetzten Schlechtleistungen? Natürlich gibt es de jure bestimmte Eingriffsmöglichkeiten. In der praktischen Realität ist das aber was anderes. Bei Problemen sagen die kommunalen Aufgabenträger regelmäßig, dass da das Verkehrsunternehmen zuständig sei. Den allermeisten kommunalen Aufgabenträgern ist überhaupt nicht bekannt, dass sie für ein angemessenes Controlling zuständig sind.

Und das ist natürlich ein interessanter Punkt: Man vergibt den Auftrag alle 15 Jahre an das eigene Unternehmen und hat künftig keine Arbeit mehr damit. Denn auch mit der Eisenbahnreform gingen ja erhebliche Umstrukturierungen einher. Aufgabenträger mussten erst gegründet und eingerichtet werden. Gerade in den Anfangsjahren hatte man auch erst eine Orientierungsphase, in der die verschiedenen Branchenakteure ihre jeweilige Rolle lernen mussten.

Es gab keine Bundesbahn mehr, sondern eine neue Organisation, die mit 25 Jahren Abstand allerdings sehr erfolgreich ist. So sollte das auch im Bereich der kommunalen Schiene und dem Busverkehr passieren. Ja, man kann auch die Karlsruher Stadtbahn ausschreiben, ob dem VDV das passt oder nicht. Wir brauchen marktwirtschaftliche Strukturen, um bessere Qualität und wirtschaftliche Preise zu erzielen.

Wenn man sich vorstellt, dass auch heute noch teilweise erhebliche Ausschreibungsersparnisse realisiert werden können, dann zeigt dass, wie erfolgreich die Marktliberalisierung der großen Schiene war. Das gilt es, für die kommunale Schiene fortzusetzen. Und vielfach geht es ja schon in diese Richtung: So gehört die Wuppertaler Schwebebahn vollständig der Stadt Wuppertal. Den Betrieb allerdings machen die Stadtwerke unabhängig davon. Auch hier spräche überhaupt nichts gegen eine wettbewerbliche Vergabe der Verkehrsleistungen. Ja zur Marktwirtschaft!

Siehe auch: Gemeinsame Tram-Train-Bestellung





Stefan Hennigfeld
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