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DB AG: Durchwachsene Halbjahresbilanz und neue LuFV

(Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

In der letzten Woche hat der DB-Konzern seine Halbjahresbilanz für die ersten sechs Monate 2019 vorgelegt. Das operative Ergebnis (EBIT bereinigt) lag im ersten Halbjahr bei 757 Millionen Euro (Vorjahreszeitraum: 974 Millionen). Vor allem zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung von Qualität und Leistungsfähigkeit sind für den Rückgang um rund 22 Prozent verantwortlich.

Der Vorstandsvorsitzende Richard Lutz sagte, diese Zukunftsausgaben würden sich langfristig auch wirtschaftlich auszahlen. Mit der neuen Strategie „Starke Schiene“, die im Juni dem Aufsichtsrat vorgestellt worden ist, setze das Unternehmen im Sinne seiner Kunden „voll und ganz auf Ausbau und Wachstum“. Die DB AG wird allein in den nächsten Jahren 100.000 neue Mitarbeiter einstellen.

Allerdings: Mitnichten werden hier neue Planstellen geschaffen, sondern die DB AG muss auf die Verrentungswelle der kommenden Jahre reagieren. Hierfür ist man bereits seit einiger Zeit mit anderen Unternehmen in der Branche auf vielfältige Weise unterwegs: So sucht man den Kontakt zu Schulabgängern ebenso wie den zu potentiellen Quereinsteigern, die sich beruflich verändern möchten. Inwieweit diese Mammutaufgabe gelingt, bleibt abzuwarten und ist eines der wichtigen Themen der absehbaren Zukunft.

Der SPFV hat sich dabei auf schlechtem Niveau leicht verbessert. Dabei sehen die Zahlen durchwachsen aus. So stieg die Zahl der Reisenden im Fernverkehr im ersten Halbjahr 2019 zum fünften Mal in Folge. Im Vergleich zu den starken ersten sechs Monaten 2018 fuhren nochmals 1,3 Prozent mehr Kunden im Fernverkehr. Bis Ende Juni nutzten insgesamt 71,8 Millionen Fahrgäste ICE und IC – ein neuer Rekord.

Damit wird die DB voraussichtlich erstmals in einem Jahr über 150 Millionen Reisende im Fernverkehr erreichen. Auch die Pünktlichkeit im Fernverkehr liegt im ersten Halbjahr mit 77,2 Prozent über der Marke von 2018 (74,9 Prozent) sowie über dem Jahresziel von 76,5 Prozent. Der bereinigte Umsatz des DB-Konzerns stieg in den ersten sechs Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,2 Prozent auf 22,0 Milliarden Euro.

„Wir sind auf dem Weg zu einer besseren Bahn für unsere Kunden vorangekommen. Der massive Ausbau des deutschen Bahnsystems ist allerdings nicht kurzfristig zu bewältigen und erfordert in den nächsten Jahren und Jahrzehnten gewaltige Investitionen“, sagte Richard Lutz. Ganz wesentlich bedingt durch die für alle Unternehmen verpflichtende Anwendung neuer Bilanzierungsstandards stiegen die Netto-Finanzschulden der DB AG per 30. Juni auf 25,4 Milliarden Euro an (31. Dezember 2018: 19,5 Milliarden Euro).

Ohne diesen Effekt, der durch die Einbeziehung des operativen Leasings in die Verschuldung entsteht, rechnet die DB AG zum Jahresende mit nur leicht erhöhten Netto-Finanzschulden von rund 20 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die alte Bundesbahn und die Reichsbahn der DDR hatten am 31. Dezember 1993 eine Gesamtverschuldung von 66 Milliarden D-Mark.

Gleichzeitig wurden auch Details über die neue Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) bekannt. Demnach will der Bund, auch aufgrund der stark gestiegenen Baupreise, seine Zuschüsse in den kommenden Jahren deutlich erhöhen. Zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 31. Dezember 2029 will der Bund demnach 62 Milliarden Euro für Ersatzinvestitionen zur Verfügung stellen. Dazu kommen 24,2 Milliarden Euro, die die DB AG aus Eigenmitteln aufbringen muss. Woher der stark verschuldete Bundeskonzern diese Eigenmittel nehmen soll, ist jedoch derzeit noch unklar.

Kritik kommt von Matthias Gastel, dem eisenbahnpolitischen Sprecher der Grünen im Bundestag. „Die jetzt verkündete Einigung für den Erhalt des Bestandsnetzes würde zumindest Planungssicherheit bringen. Da dem Bundestag bisher kein Vertragsentwurf vorliegt, bleibt unklar, ob die Qualität des Schienennetzes damit wirklich durchgreifend verbessert werden kann. Hinzukommt, dass der Sanierungsstau im Bestandsnetz viel größer ist als bisher angenommen und gleichzeitig die Baupreise bei den laufenden Bauvorhaben explodieren.“

Gastel: „Allein bei Bahnbrücken haben sich die Baukosten in den letzten Jahren verdoppelt. Wichtig ist, dass das Risiko steigender Baupreise beim Bahnbau minimiert wird. Wenn die steigenden Investitionen tatsächlich im Schienennetz ankommen sollen, dann muss der Bund im Gegenzug den Neubau von Straßen reduzieren. Ansonsten fressen steigende Baupreise die zusätzlichen Milliarden wieder auf.“





Stefan Hennigfeld
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