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Debatte über Schwarzfahren als Straftatbestand

(Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Der deutsche Richterbund hat gefordert, die Strafandrohung für die Leistungserschleichung, also das Schwarzfahren, abzuschaffen und die Sache künftig als Ordnungswidrigkeit zu betrachten. Hintergrund sind die überlasteten Gerichte und das in den Augen der Verantwortlichen im Vergleich zu anderen Straftaten relativ geringe öffentliche Interesse an Schwarzfahrern. Außerdem sei die Branche selbst gefordert, Zugangsbarrieren zu den Bahnsteigen zu schaffen, um das Schwarzfahren zu erschweren.

Dem widerspricht VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff aufs schärfste: „Wir müssen bei der Diskussion um die Strafbarkeit des Schwarzfahrens dringend zu einer sachlich begründeten Debatte zurückkehren und nicht über Luftschlösser wie die Errichtung von Zugangsbarrieren diskutieren. Es ist natürlich einfach und bequem, aus einer Amtsstube heraus und ohne Kenntnis der tatsächlichen Situation bei den Verkehrsunternehmen solche abwegigen Forderungen zu stellen.“

Wolff: „Zugangsbarrieren sind weder gut für die Kunden, noch bringen sie den gedachten Effekt, wie man im Ausland sieht. Die Schwarzfahrerquoten sind in Ländern mit Zugangsbarrieren nicht besser oder anders als in Deutschland. Wer die kriminelle Energie hat, eine Leistung zu erschleichen, der findet immer einen Weg. Und nichts hilft dagegen mehr als die Abschreckung einer drohenden Gefängnisstrafe.“ Deshalb sei es wichtig, dass Schwarzfahren in Deutschland eine Straftat bleibe. Dafür gäbe es auch weitere handfeste Gründe, so Wolff.

„Gerade bei Wiederholungstätern gibt es nur über die strafrechtliche Verfolgung die Möglichkeit, den notorischen Schwarzfahrer entsprechend zu sanktionieren. Wer öfter und planmäßig diese Leistung erschleicht, der muss auch entsprechend härter bestraft werden. Über eine reine Ordnungswidrigkeit geht das nicht, das funktioniert nur mit den Möglichkeiten die Staatsanwaltschaften und Richter zur Verfügung haben. Außerdem entfiele durch die Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit auch das Recht der Kontrolleure zur vorläufigen Festnahme nach § 127 StPO. Das heißt, im Zweifel könnte der Ertappte einfach das Fahrzeug verlassen und niemand kann ihn dann ernsthaft daran hindern“, erklärt Wolff.

Damit wären vor allem auch Wiederholungstäter nicht mehr als solche feststellbar. Davon unabhängig wenden die im VDV organisierten Unternehmen bereits heute viel Personal, Technik und Finanzmittel auf, um das Schwarzfahren zu verringern. Dies wird vom VDV mit hundert Millionen Euro pro Jahr beziffert.

„Sich angesichts dessen hinzustellen und zu fordern, dass jetzt die Verkehrsunternehmen in der Pflicht seien etwas zu tun, ist völlig realitätsfremd. Die Branche unternimmt schon aus eigenem Interesse eine Menge, um Schwarzfahren einzudämmen, denn schon heute verlieren dadurch jährlich bundesweit 250 Millionen Euro an Ticketeinnahmen. Ich lade alle ein, die der Meinung sind, unsere Unternehmen täten zu wenig, sich mit mir zusammen vor Ort bei einem unserer Mitgliedsunternehmen zeigen zu lassen was dort bereits täglich gegen Schwarzfahrer unternommen wird. Vielleicht begleiten wir dann auch mal ein Team von Kontrolleuren und erleben, was den Kolleginnen und Kollegen bei ihrer täglichen Arbeit begegnet“, so Wolff.

Damit die vielen ehrlichen Fahrgäste, die Mitarbeiter sowie die Verkehrsunternehmen nicht am Ende die Zeche fürs Schwarzfahren alleine zahlen müssten, gäbe es keine Alternative zum Schwarzfahren als Straftatbestand. Auch der Fahrgastverband Pro Bahn widerspricht den Forderungen des Richterbundes. „Wer absichtlich ohne Fahrschein mitfährt, muss auch dafür belangt werden können“ – erklärt der Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann.

Naumann: „Nur wenn Schwarzfahren eine Straftat bleibt, können Kontrolleure mit Hilfe der Polizei die Personalien derjenigen feststellen, die sich zum Schaden anderer die Fahrkarte sparen wollen.“ Wäre Schwarzfahren nur eine Ordnungswidrigkeit ist die namentliche Feststellung deutlich erschwert was dann fast schon eine Einladung zum Nichtbezahlen ist.

Im Gegensatz zum Autoverkehr, wo der PKW-Halter über das Kennzeichen zu ermitteln ist, gibt es beim Fahrgast diese Möglichkeit nicht. „Absichtliches Schwarzfahren muss deutlich von unabsichtlichem Fahren mit falscher Fahrkarte unterschieden werden“, ergänzt Verbandsvorstand Jörg Bruchertseifer. Hier seien die Unternehmen und Verbünde selbst gefordert, mit transparenten Tarifen die Zahl der Graufahrer einzudämmen.




Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
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