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Der Nachtzug ist erhaltenswert

(Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist doch gut zu sehen, dass es nach wie vor große Staatseisenbahnen gibt, die sich für die so erfolgreichen und auch kulturell zu bewahrenden Nachtzüge einsetzen. Im Schlafwagen über die Alpen nach Italien oder an die polnische Ostseeküste ist halt doch etwas anderes als ein zweistündiger Flug: Mehr Reisen, weniger Rasen, gerade in den Ferien wird bereits die Anfahrt zum Erlebnis.

Die Deutsche Bahn hat hier schon lange kein Interesse mehr wie der SPFV überhaupt jahrelang nur daraus bestand, dass im Frühjahr angekündigt wurde, welche Leistungen zum Fahrplanwechsel im Dezember gekürzt oder eingestellt wurden. Fahrgastverdichtung ist das Zauberwort, weil sich Eisenbahnleistungen eben in der Regel nicht allein mit den Fahrgelderträgen auskömmlich finanzieren lassen.

Der Taktverkehr ist gerade das Gegenteil der Rosinenpickerei, aber zumindest in diesem kleinen Segment hat die DB AG das Geschäft weitgehend aufgegeben, das andere jetzt übernehmen und groß einsteigen. Die Folge ist, dass gerade grenzüberschreitende Verbindungen immer öfter entstehen und in einem zusammenwachsenden Europa liegt das wohl auch in der Natur der Sache.

Allerdings sei an dieser Stelle noch einmal einiges grundsätzliches angemerkt: Es gibt sehr wohl Staatseisenbahnen, die gerade im Bereich SPFV andere Ziele verfolgen als die DB AG, die wirklich und ernsthaft Mobilitätsverfügbarkeit sicherstellen wollen. Das könnte auch das Ziel der DB AG sein, wenn der Eigentümer Bundesrepublik Deutschland sich stärker einbrächte und den Konzern nicht weitgehend machen ließe, was der Bahntower möchte.

Und wenn beispielsweise die Zielvorgabe lautet, dass man einen durchgehenden Zug zwischen Amsterdam und Berlin haben will, dann kann die DB AG mit den Niederländern kooperieren und eine gemeinsame Fernverkehrslinie betreiben. Wenn die DB AG aber aussteigen sollte, dann ist es ein leichtes, für eine andere europäische Staatseisenbahn solche Fahrten in Eigenregie zu betreiben. Das wissen die Verantwortlichen im Bahntower und entsprechend haben Fernverkehrsleistungen, die über die deutsche Grenze hinausgehen eine deutlich größere Chance, langfristig zu überleben.

Die Alternative wäre nämlich, dass es auf einmal deutlich mehr Konkurrenz auch im Fernverkehr gäbe, was ja momentan faktisch nicht der Fall ist. Klar, es gibt immer mal einzelne, aber im großen und ganzen hat die DB AG im SPFV nach wie vor das Monopol inne. Entsprechend gilt es auch hier, politisch etwas zu tun, das über den Bereich der Nachtzüge hinausgeht. Hier hat man es jetzt noch einmal ohne politische Intervention mit Hilfe aus dem Ausland geschafft.

Doch vielleicht ist das auch für die DB AG selbst der Hinweis, dass man nach wie vor eine Unternehmung ist und keine Unterlassung. SPFV-Anbindungen sind das Kerngeschäft des Unternehmens. Angeblich soll doch die inländische Eisenbahn wieder stärker in den Fokus rücken. Ich bin sicher, ÖBB und SBB würden einen dritten großen Partner im Nachtzuggeschäft nicht ausschlagen. Die Eisenbahn zu stärken sollte auch das Konzernziel sein.




Stefan Hennigfeld
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