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Neue Branchenvereinbarung im VRR

(VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr gibt es eine neue Branchenvereinbarung, die der Aufgabenträger mit allen Unternehmen abschließt, die dort aktiv sind: Es geht um die Frage, welche Ansprüche die betroffenen Arbeitnehmer im Falle eines Betreiberwechsels dem neuen Unternehmen gegenüber haben. Die Vereinbarung sieht vor, dass sowohl der Verbleib beim bisherigen Arbeitgeber als auch die Betriebsaufnahme mit eigenem Personal Vorrang haben.

Für den Fall, dass ein neuer Betreiber bereits Bestandspersonal hat, genießt dieses Vorrang. Das gilt auch, wenn der Altbetreiber im eigenen Unternehmen eine Anschlussbeschäftigung für die Angestellten anbieten kann. Für den Fall, dass der neue Betreiber weniger Mitarbeiter einstellen muss als der alte so findet eine Sozialauswahl statt, wie sie im Kündigungsschutzgesetz vorgesehen ist.

Szenarien, in denen ein alter Betreiber einem Vergabeobjekt überproportional viele Mitarbeiter zuordnet, um seine nicht marktfähigen Strukturen auf Kosten eines anderen Unternehmens zu beseitigen, sind damit ausgeschlossen. Zumal auch bei der Zuordnung nachzuweisen ist, dass die Angestellten mindestens fünfzig Prozent ihrer Arbeitszeit in dem Vergabenetz verbringen.

Eine weitere Möglichkeit ist, dass sich Vergabeobjekte verkleinern, dass eine einzelne Linie oder auch nur ein Linienast nicht mehr mit ausgeschrieben wird, sondern aus verkehrlichen oder betrieblichen Gründen in ein anderes Ausschreibungsnetz kommt. Auch hier kann es passieren, dass weniger Mitarbeiter benötigt werden. Die Vereinbarung gilt zudem auch nur für Fahrpersonal und Disponenten.

Werkstattmitarbeiter sind ebenso wenig betroffen wie Verwaltungsangestellte. Entscheidend ist zudem, dass das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber nicht endet, wenn eine Einstellung beim neuen Betreiber nicht zustande kommt. Wenn etwa die genannten Gründen auftreten, dass der neue Betreiber weniger Leute einstellt, weil ein Teil der Betriebsaufnahme mit vorhandenen Angestellten erfolgt, dann bleibt der betroffene Arbeitnehmer automatisch Angestellter seiner bisherigen Firma.

Das ist in jedem Fall von Bedeutung, denn so ist sichergestellt, dass die Leute nicht gegen ihren Willen gezwungen werden können, ein Unternehmen zu verlassen und auf der Straße stehen, wenn der neue Job aus welchen Gründen auch immer nicht zustande gekommen ist. Ein Betreiber, der im Rahmen eines Auftragsverlustes sein Personal verringert und die Möglichkeit scheitert, die Leute beim Nachfolgebetreiber unterzubringen, muss dann die üblichen gesetzlichen Regelungen für betriebsbedingte Entlassungen einhalten, wozu u.a. Abfindungen, eine Sozialauswahl und vieles mehr gehören.

Das klingt nach einem neuen Risiko für die betroffenen Arbeitnehmer, allerdings hat der neue Betreiber einen Anspruch darauf, bereits im Unternehmen befindliche Angestellte bevorzugt zu behandeln. So soll verhindert werden, dass ein Unternehmen vielleicht gezwungen ist, vorhandene Mitarbeiter betriebsbedingt zu entlassen, weil die Arbeit von Mitarbeitern des Altbetreibers erledigt würde.

Ob so eine Regelung überhaupt einen Praxisbezug hat, bleibt abzuwarten, denn Stand jetzt sind gerade Lokomotivführer in ganz Deutschland Mangelware: Es gibt also in diesem Berufsfeld keine Arbeitslosigkeit, während viele Unternehmen ihre offenen Stellen nicht besetzen können, weil es an Bewerbern mangelt.

So haben Arbeitnehmer in der Regel auch außerhalb von Betreiberwechseln die freie Arbeitgeberwahl, wovon diese auch häufig Gebrauch machen: Sei es, dass jemand aus privaten Gründen den Wohnort wechselt oder dass ein Lokführer nach einigen Jahren auf der gleichen Strecke nun die Abwechslung sucht und mal woanders fahren möchte. Wenn jemand den Arbeitgeber wechselt, dann erhält bei der Neueinstellung in der Regel die Berufserfahrung angerechnet, so dass er gleich in die jeweilige Gehaltskategorie kommt – auch unabhängig von laufenden Ausschreibungen.

Eine solche Regelung sieht auch die VRR-Branchenvereinbarung vor. Damit ist sichergestellt, dass die Leute nicht immer wieder wie Berufsanfänger tariflich eingruppiert werden. Allerdings: Die tarifvertraglichen Regelungen für solche Fälle gelten auch weiterhin. Die GDL strebt in diesem Fall schon lange feste Abfindungsregelungen an, so denn jemand den DB-Konzern nach einem Ausschreibungsverlust verlassen sollte. Ob sich das in naher Zukunft umsetzen lässt, bleibt abzuwarten. In jedem Fall können auch die Tarifparteien für solche Fälle zusätzliche Vereinbarungen treffen.



Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
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