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NEE fordert Infrastrukturfonds

(Güterverkehr, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Zur neuen Legislaturperiode fordert das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) die Schaffung eines fondsbasierten Finanzierungskreislaufes für die Schiene schweizerischem Vorbild. Dort gibt es einen per Volksentscheid legitimierten Fonds zum Ausbau und Instandhaltung der Bahninfrastruktur (FABI), in dem Gelder liegen, auf die Haushaltspolitiker keinen Zugriff haben. Vor der Bundestagswahl wurde von allen Parteien der Ausbau der Eisenbahninfrastruktur in Deutschland gefordert.

Ganz gleich, welche Koalition zustandekommt, solle im Koalitionsvertrag fixiert werden, wie das schon heute stark ausgelastete Schienennetz schnell modernisiert und ausgebaut werden kann, um mehr Verkehr von der Straße verlagern zu können. Gleichzeitig müssen die Kosten für Betrieb und Ersatzinvestitionen langfristig geplant und sicher finanziert werden.

Der Verband der Güterbahnen stellt in einem Policy Brief die erfolgreiche Strategie vor, mit der sich die Schweiz seit 1998 epochale Ausbauten und ein exquisites Netz leisten konnte. Die Güterbahnen fordern von der neuen Bundesregierung eine verlässliche Perspektive für die Finanzierung von Modernisierung und Ausbau des Eisenbahnnetzes. Konkret soll ein Schieneninfrastrukturfonds nach Schweizer Vorbild eingerichtet werden.

Peter Westenberger, Geschäftsführer des NEE, sagte am letzten Freitag vor der Presse: „Seit Jahren fahren hierzulande alle Beteiligten nur auf Sicht und kommen vor allem kaum noch voran. Verantwortlich ist ein fataler Mix aus notorisch zu geringen Neubaumitteln des Bundes, unterlassener Unterhaltung und der Stop-and-go-Finanzierung rund um die Finanzkrise. Die von uns favorisierte Fondslösung nach Schweizer Vorbild muss das komplexe und ineffiziente Geflecht aus Einzelprogrammen, deren Budget jährlich neu hinterfragt wird, ersetzen.“

Die Güterbahnen haben das Züricher Beratungsunternehmen INFRAS das deutsche mit dem Finanzierungssystem der Schweiz vergleichen lassen. Die Alpenrepublik hatte 1998 begonnen, die im Verhältnis zur Größe des Landes gigantischen Eisenbahnprojekte der „Neuen Eisenbahn-Alpentransversale“ (NEAT) mit einer langfristig angelegten Fondslösung (FinöV) zu finanzieren. In weiteren Schritten wurden das gesamte Schienennetz des Landes einschließlich Betrieb und Modernisierung in den 2016 aufgelegten „Bahninfrastrukturfonds“ (BIF) einbezogen.

INFRAS bilanziert, dass die Schweiz ihre Schieneninfrastruktur langfristig sichert und planmäßig ausbaut, während Deutschland ein überkomplexes System betreibt, dessen jährlicher Haushaltsvorbehalt zu kurzfristig ist, um langfristige Pläne für die notwendige Verkehrsverlagerung auf die Eisenbahn ausreichend abzusichern.

Im Policy Brief heißt es zu den Vorteilen des in der Schweiz sogar in der Verfassung verankerten Fonds: „Er verbessert die Kontinuität sowie Planbarkeit bzw. Verlässlichkeit der künftig tatsächlich zur Verfügung stehenden Mittel für einen längeren Zeitraum für die Eisenbahninfrastrukturunternehmen. Die Transparenz des Finanzierungssystems kann erhöht und die Komplexität reduziert werden. Entsprechend kann auch die Steuerung der Finanzierung aus Sicht des Bundes vereinfacht werden. Aber auch aus Sicht der EIU ist die finanzielle Steuerung verbessert. (…) Mit einem Fonds, aus dem sowohl Erneuerung als auch Neu-/Ausbau finanziert wird, ist die finanzielle Abstimmung verbessert. Fehlanreize können vermieden werden.“

Westenberger wies auf einen weiteren wichtigen Unterschied hin. In der Schweiz speisen nicht nur Bundesmittel den Fonds. Im Gegenzug zum Einbezug regionaler Schienenstrecken beteiligen sich auch die Kantone an der Finanzierung. Außerdem speisen Beiträge aus der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe für Lkw und der Mineralölsteuer den Fonds, damit leistungsfähige Alternativen zum Straßenverkehr geschaffen und betrieben werden können.

Westenberger: „Wie in der Schweiz muss auch in Deutschland nach dem Prinzip „Verkehr finanziert Verkehr“ das Parlament per Gesetz den Fonds zusammen mit einer längerfristig verbindlichen Bestimmung der Einnahmequellen begründen. Die Schiene benötigt nach jahrzehntelanger Vernachlässigung nun Priorität.“

Peter Westenberger betonte abschließend, das transparente Schweizer Modell habe sowohl Vorteile für den (Haushalts-)Gesetzgeber im Parlament als auch für die Bürger, die Verkehrsverlagerung auf die Schiene ebenso wünschten wie den möglichst effizienten Einsatz von Steuermitteln für die Schieneninfrastruktur.


Stefan Hennigfeld
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