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Vom Deutschlandtakt noch weit weg

(Europa, Fahrplanänderungen, Fernverkehr, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Auch wenn sich die Jubelmeldungen überschlagen, so kann wohl keine Rede von einer ernsthaften Umsetzung des vielzitierten Deutschlandtaktes sein. Statt dessen erleben wir Verbesserungen da, wo die Nachfrage besonders hoch ist und vor allem auf internationalen Verbindungen ein Engagement, das andere Gründe hat als der Konzern ins einer offiziellen Kommunikation vorgibt.

Zwischen Zürich und München oder Paris und Frankfurt machen andere europäische Staatseisenbahnen Druck, sie wollen diese Verbindungen. Die DB AG hat jetzt zwei Möglichkeiten: Mit einsteigen oder Konkurrenz riskieren: Dann fährt die SNCF auf eigene Faust mit ihren Zügen bis weit nach Deutschland, die SBB fährt vielleicht von Zürich nicht nur bis München, sondern weiter nach Berlin und auch ein Direktzug von Amsterdam nach Berlin ließe sich auch ohne Beteiligung der DB Fernverkehr AG realisieren. Da steigt also der Konzern lieber mit ein und so sind grenzüberschreitende Verbindungen weit weniger gefährdet als der reine Inlandsverkehr.

Dort feiert man die Einführung einer neuen Linie zwischen Münster und Frankfurt, die kurz nach der Jahrtausendwende als InterRegio bereits einmal abgeschafft wurde. Nun hat man mit dem NWL einen Aufgabenträger gefunden, der scheinbar alles dafür tut, Regionalisierungsgelder für vermeintliche SPFV-Leistungen zu opfern. Nachdem dies mehrfach juristisch untersagt worden ist, hat sich nun kein Kläger gefunden und man hat einen Regionalexpress teilweise abbestellt, um einen als InterCity genannten Zug fahren zu lassen.

Da stellt sich die Frage: Warum schaffen es die Aufgabenträger nicht, langlaufende Eisenbahnleistungen über mehrere Bundesländer auszuschreiben? Wenn der NWL eine Direktverbindung aus dem Lennetal nach Frankfurt am Main möchte, woran scheitert dann die Zusammenarbeit mit dem hessischen Rhein-Main-Verkehrsverbund? Warum schafft man es nicht, einen Regionalexpress von Erfurt über Kassel nach Hamm auf die Schiene zu setzen? Wäre das dann etwa kein Regionalverkehr mehr? Was ist denn der Unterschied?

Zahlreiche RE-Leistungen sind heute schon nach den klassischen Definitionen eigentlich Fernverkehr und werden nur zum Nahverkehr, weil es eine teilweise Finanzierung aus Regionalisierungsgeldern gibt. Diese aber sind ausdrücklich für die Flächenerschließung auf der Schiene gedacht und gerade nicht zur Finanzierung des SPFV. Dieser ist Bundessache und nach Artikel 87e des Grundgesetzes ist der Bund verpflichtet, diese Verkehrsbedürfnisse auf der Schiene zu erfüllen, das nähere hat ein Bundesgesetz zu regeln.

Ein solches Gesetz ist mehrfach im Bundesrat verabschiedet, aber nie im Bundestag debattiert worden. Nun soll hier nicht die staatsrechtliche Frage des Verhältnisses der beiden parlamentarischen Kammern untereinander debattiert werden, aber es zeigt sich, dass die Eigenwirtschaftlichkeit des SPFV nicht funktioniert. Es braucht hier eine Aufgabenträgerschaft auf Bundesebene. Das wäre der große Durchbruch, den eine neue Bundesregierung schaffen müsste.


Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
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