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Deutschlandticket gestartet

02.05.23

Am gestrigen Feiertag war es soweit: Das Deutschlandticket ging an den Start. Für 49 Euro im Monat – die Bundesregierung spricht hierbei inzwischen von einem „Markteinführungspreis“ – kann jedermann bundesweit mit dem Nah- und Regionalverkehr fahren. Acht Monate nach dem Ende des Neun-Euro-Tickets kommt nun ein unbefristetes Nachfolgemodell auf den Markt. Doch bereits seit Wochen gibt es Kritik an einer Bonitätsprüfung beim Erwerb des neuen Deutschland-Tickets, mit welchem Nutzer für 49 Euro pro Monat den SPNV und auch den übrigen öffentlichen Nahverkehr bundesweit nutzen dürfen.

Denn es ist grundsätzlich ein Abonnement-Produkt. Vorgesehen ist als Standard monatliche Abbuchung per Lastschrift vom Bankkonto des Kunden. Da Lastschrift dem Händler keine Zahlungsgarantie bietet, verlangen manche Verkehrsunternehmen eine Bonitätsprüfung. Erst vorletzten Samstag (22. April) verteidige VDV-Präsident Ingo Wortmann gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland dieses Vorgehen: Bonitätsprüfungen seien nicht ungerecht, es gäbe sie ja auch etwa im Mobilfunk. Man müsse zwar alternative Lösungen wie Vorkasse prüfen, doch hierfür sei ein Konsens zwischen Verkehrsunternehmen, Bund und Ländern nötig.

Heise Online berichtete im März, dass die Deutsche Bahn den Kunden als Alternative ein am Schalter käufliches Jahres-Deutschlandticket anbietet, das mit Bargeld, Bank- oder Kreditkarte vorausbezahlt werden könne. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) fand heraus, dass Verkehrsunternehmen unterschiedlich vorgehen. Während die Erfurter Verkehrsbetriebe schon seit Jahren Bonitätsprüfungen bei Abonnementkunden von Zeitkarten durchführen, verzichten die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) hierauf. Bei den DVB sei die Lastschrift jedoch „nur von einem in Deutschland gelisteten Konto“ möglich, so der MDR – also nicht etwa für jemanden, der im benachbarten Tschechien wohnt und regelmäßig (beruflich oder privat) in Dresden und Umgebung unterwegs ist.

Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) sieht unnötige Hürden beim Kauf des Deutschlandtickets. Man hat sich mit der Frage beschäftigt, wie gut die Verkehrsunternehmen und -verbünde auf ihren Internetseiten über das Deutschlandticket sowie die Bedingungen für den Neuerwerb und dem Wechsel von bestehenden Zeitkarten informieren. Die Ergebnisse zeigen, dass das Informationsangebot oftmals unzureichend ist und den Erwerb des Deutschlandtickets erschwert.

„Das Deutschlandticket soll den Nahverkehr einfacher machen und mehr Menschen in Bus und Bahn holen. Das wird aber nicht gelingen, wenn die Verkehrsunternehmen und -verbünde auf ihren Internetseiten wichtige Informationen für Kunden nur unzureichend oder gar nicht angeben. Neben einer Preisoffensive ist es auch Zeit für eine Transparenzoffensive beim Deutschlandticket. Die Anbieter müssen unbedingt nachbessern“, sagt Ramona Pop, Vorständin des vzbv.

Der Marktcheck zeigt, dass bereits eine einfach verständliche Übersicht der Leistungsunterschiede von aktuellen Nahverkehrs-Abos und Deutschlandticket mehrheitlich fehlt (bei 10 von 15 untersuchten Anbietern). Eine fundierte Entscheidung, welches Abo besser passt, wird so unnötig erschwert. Zudem müssen Bestandskunden genau prüfen, ob ihr Abo automatisch umgestellt wird oder sie selbst aktiv werden müssen. Besonders verwirrend: Selbst bei ein und demselben Anbieter können beide Varianten möglich sein.

Bei einem Großteil der betrachteten Internetseiten (11 von 15) fehlen zudem eindeutige Informationen darüber, wie mit bereits geleisteten Vorauszahlungen bestehender Abos beim Wechsel zum Deutschlandticket umgegangen wird. Alarmierend sind die Ergebnisse, wenn es um den Erwerb des Deutschlandtickets an Schaltern oder Kundencentern geht. Einige Anbieter (5 von 15) schließen diese Möglichkeit explizit aus, andere (4 von 15) geben keine eindeutigen Informationen dazu. Fahrgäste, die das Deutschlandticket online nicht kaufen können oder wollen, haben das Nachsehen.

„Das Deutschlandticket muss einfach und flexibel für alle erwerbbar sein – und das auch ohne Smartphone oder Internet. Statt einem Ticket für alle haben Politik und Nahverkehrsbranche so hohe Hürden geschaffen, dass Verbraucher Gefahr laufen, außen vor zu bleiben. Das von Anfang an favorisierte Onlineticket droht für viele Verbraucher zum Problem zu werden und der Abozwang zum Bumerang. Niemand darf ausgeschlossen werden“, so Ramona Pop.

Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
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Quelle: Zughalt.de