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Die Eisenbahnkrise am Rhein

26.06.23 (Kommentar)

Salopp gesagt kann man den Qualitätsbericht des Aufgabenträgers Go-Rheinland mit einem Satz zusammenfassen: Die Eisenbahnkrise ist auch am Rhein zu sehen. Züge fallen aus oder sind verspätet, es fehlt am Personal und die Infrastruktur ist defektanfällig und nicht ausreichend dimensioniert. Salopp gesagt: Wir haben Probleme und das nicht erst seit gestern.

Natürlich ist die starke Auslastung der Schiene rund um Köln nichts neues und bereits seit über zehn Jahren gibt es eine umfassende Knotenanalyse, wo und wie man nachbessern kann. Das gute ist die Ausarbeitung dieser Knotenanalyse: Zahlreiche kleinere Maßnahmen generieren einen Nutzen für sich und unabhängig davon, ob man irgendein Großprojekt fertigstellt oder nicht.

Etwa zu der gleichen Zeit haben die Aufgabenträger angefangen, Qualitätsberichte zu erstellen. Damals hieß es von einschlägigen Interessenvertretern, dass man dies seriös gar nicht machen könne. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen hat ja gar nicht so viel Einfluss und wenn der eine auf der einen Strecke bessere ist als der andere, dann hat das alle möglichen Gründe.

Das stimmt sogar. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen kann nicht für jede Verspätung und jeden Zugausfall verantwortlich gemacht werden. Wer durch einschlägige Kölner Problembezirke fährt, dessen Züge sind anfälliger für Vandalismus als solche, die im Stundentakt im Bergischen Land oder in der Eifel unterwegs sind. Dennoch ist es richtig, derartige Qualitätsberichte aufzustellen – und auch an die Ursachen muss man herangehen.

Wenn es zwischen zwei Hauptbahnhöfen regelmäßig zu Verspätungen kommt, weil es auf einer zwanzig Kilometer langen Strecke mehr als zehn Bahnübergänge gibt, die allesamt defektanfällig sind, dann kann man das dem ausführenden Eisenbahnverkehrsunternehmen nicht vorwerfen. Da ist der Infrastrukturbetreiber verantwortlich, in der Regel also DB Netz.

Aber auch das ist ein Teil des Ursachenkomplexes für die schwere Eisenbahnkrise in Deutschland: Die Infrastruktur verfällt, der Zustand verschlechtert sich. Immer wieder gibt es Signal- oder Weichenstörungen, der Betrieb muss auf Basis schriftlicher Befehle erfolgen oder Züge stehen vor einer defekten Weiche und müssen warten. Hier ist die Politik gefordert, einen klaren Rechtsstand für den Aufgabenträger zu schaffen.

Zum einen müssen Schlechtleistungen im Infrastrukturbereich genauso pönalisiert werden wie im Verkehrsbereich. Zum anderen muss der Aufgabenträger auch dem Infrastrukturbetreiber gegenüber Druck machen können. Wenn der und der langanhaltende Schaden nicht repariert wird, dann muss der Aufgabenträger juristische Mittel an die Hand kriegen.

In einem hohen Eskalationsstand muss der Aufgabenträger dann auch die Möglichkeit haben, eine Ersatzvornahme auf Kosten des Infrastrukturbetreibers zu veranlassen. Es ist ja schön und gut, dass man miteinander ein vertrauensvolles Verhältnis pflegt. Aber das reicht nicht. Es muss auch klare Mittel und Wege geben, die eingeschlagen werden können, wenn die Dinge nicht funktionieren.

Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
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Quelle: Zughalt.de