Jobportal für die Bahnbranche & ÖPNV

Liberalisierung und Marktöffnung fortschreiben

06.07.23 (Kommentar)

Es ist bei Flugreisen üblich, dass man den Flug direkt bei Eurowings, Condor, Tuifly oder früher auch bei Air Berlin bucht. Genauso gut kann man die aber über alle möglichen Internetportale oder auch klassisch im Reisebüro buchen. Warum sollte man das nicht auch bei der Eisenbahn machen? Die Bodenhansa-Phantasien gerade im DB-Konzern sind doch mit Hartmut Mehdorn nicht verschwunden, sondern in Teilen immer noch da.

Man will doch Konkurrent sein für Inlandsflüge, man möchte mit den Nachtzügen und auch mit einem immer stärker beschleunigten SPFV den Fluggesellschaften die Kunden abspenstig machen. Auch zurecht, denn sowohl die Eisenbahn als auch der Flugverkehr profitieren durch eine verstärkte Konkurrenzsituation. Die Eisenbahn ist durch den Fernbus erheblich unter Druck geraten, sie gerät durch die Inlandsflieger unter Druck, aber sie wird deshalb besser, weil man sich mehr anstrengen muss.

Aber da ist es nur recht und billig, dass man Urlaubsreisen mit der Eisenbahn da buchen kann, wo man auch Flüge bucht. Da ist es dann möglich, direkte Vergleiche anzustellen: Was kostet die Fahrt an den Bodensee mit dem Zug, was kostet sie mit dem Flugzeug? Wie sieht es zeitlich aus, welchen Vor- und Nachlauf muss ich einrechnen? Profitiert die Eisenbahn vielleicht davon, dass es gerade an nordrhein-westfälischen Flughäfen zur Urlaubszeit immer wieder zu chaotischen Zuständen bei der Gepäckabfertigung und den Sicherheitskontrollen kommt?

Spielt es eine Rolle, dass man nach einem einstündigen Rückflug aus Hamburg nach Stuttgart oder von Zürich nach Düsseldorf vielleicht noch eine weitere Stunde am Gepäckbank warten muss? All das hat der Fahrgast vor Augen, die verschiedenen Verkehrsarten stehen sowohl bei der Geschäfts-, als auch bei der Urlaubsreise in Konkurrenz zueinander.

Da ist es im Rahmen der Liberalisierung und der Marktöffnung, die wir ja alle haben wollen, auch richtig dass die DB AG ihre Züge nicht mehr exklusiv verkaufen kann bzw. dass auch derjenige, der seine Zugfahrt über ein externes Onlineportal bucht, auf dessen App die Information über Verspätungen, Gleisänderungen und ähnliches bekommt. Wer Urlaub am Bodensee macht, möchte neben der Anreise oder Straße und Schiene vielleicht auch seine Tagesausflüge, etwa zum Zeppelinmuseum in Friedrichshafen oder zum Rheinfall in Schaffhausen über eine zentrale App buchen – und dabei keine Nachteile demjenigen gegenüber haben, der alles über die DB AG selbst gemacht hat.

Auch das gehört dazu und was bei Flugreisen selbstverständlich ist, muss es auch bei der Bahn werden. Und wer die Seite bahn.de nicht aufruft, sondern z.B. bei Google nach bahn.de sucht und dann versehentlich auf ein Werbeangebot klickt, das woanders hinführt, der sollte vielleicht sowieso lieber ins Reisebüro gehen. Denn für Leute, die ihren Computer oder ihr Smartphone nicht richtig bedienen können, ist die Reisebranche nicht zuständig. Natürlich möchte die DB AG möglichst viele Privilegien behalten. Aber das Leben ist nun einmal kein Wunschkonzert.

Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
Siegfriedstr. 24a
58453 Witten
Quelle: Zughalt.de