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Ein alter und ein neuer Beigeschmack

13.07.23 (Kommentar)

Abellio-Urteil hin oder her, es gibt natürlich nach wie vor Möglichkeit für einen Aufgabenträger, eine als Ausschreibung getarnte Direktvergabe zugunsten eines Wunschbetreibers zu machen. Das scheint im RE-Kreuz Bremen der Fall zu sein. Schon bei der letzten Vergabe im Jahr 2010 hat man eine damals noch richtige Direktvergabe an DB Regio gemacht.

Das wurde auch begründet: In diesem Netz hat man alles Rollmaterial zusammengezogen, das das Land Niedersachsen in den späten 1990er Jahren angeschafft und der DB AG geschenkt hat. Ja, es gab diese Unsitte: Ein Aufgabenträger schafft Züge an und schenkt sie dann der DB AG. Seltsamerweise haben die üblichen Verdächtigen, die Rollmaterialfinanzierung durch den Aufgabenträger kritisieren, in solchen Fällen auch meistens gar nichts dagegen.

Jetzt kann man sich natürlich darüber unterhalten, ob es möglich ist, juristisch gegen diese Form der Förderung anzugehen. Wahrscheinlich schon, aber nicht mehr nach mehreren Jahrzehnten. Es erschien im Jahr 2010 durchaus nachvollziehbar, dass man diese Züge in einem Netz gebündelt hat, während der Rest ausgeschrieben wurde. Man kann das ja machen und am Ende wird auch das RE-Kreuz Bremen ordnungsgemäß vergeben.

Nur muss eine solche Ausschreibung natürlich so erfolgen, dass andere Akteure als die vermeintliche „Bundesbahn“ auch ernsthafte Erfolgschancen sehen. Wenn man eine extrem kurze Zeit zwischen Ausschreibung und Betriebsstart hat, wenn man dazu noch unterschiedliche Betriebsprogramme hat, dass Altfahrzeuge noch eine Weile weitergenutzt werden müssen, dann hat man natürlich relativ schnell ein Problem und potentielle Bieter verzichten auf eine kostspielige, aber nicht erfolgversprechende Angebotsabgabe.

Für DB Regio heißt das, da liegt Mofair völlig richtig, dass man mit hohen Gewinnen aus dem einen Netz auch Kampfpreise im Nachbarnetz quersubventionieren kann. Es ist ja auch der DB-Konzern mitsamt seiner Vorfeldorganisationen, die immer wieder sagen, es müsse nicht jedes Ausschreibungsobjekt aus sich heraus auskömmlich sein: Damit man solche Dinge auf legale Füße stellen kann.

Es ist durchaus möglich, dass bei der nächsten Vergabe in Nordwestdeutschland DB Regio mit Kampfpreisen bietet. Oder ein in Schieflage geratener Konzern nutzt eine solche Vergabe, um zur Sanierung beizutragen – auf Kosten des Aufgabenträgers. Zumal DB Regio als Altbetreiber genügend Mitarbeiter hat, die sicher nicht im großen Stil zu einem anderen Arbeitgeber wechseln würden. Auch hier gäbe es Lösungen, dass z.B. ein Unternehmen, das sich an der Ausschreibung beteiligt, verpflichtet wird, bereits Ausbildungen durchzuführen.

Der jeweilige Vergabegewinner würde die Leute dann übernehmen und auch die Ausbildung rückwirkend finanzieren. Oder man wartet einfach noch einige Jahre, bis der neue Fuhrpark vollständig da ist. So bleibt ein Beigeschmack im RE-Kreuz Bremen: Damals, wie heute mag es zwar Argumente für das Handeln des Aufgabenträgers geben, aber wirklich überzeugen tun diese nicht.

Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
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Quelle: Zughalt.de