24.07.23
Das Unwetter, das vorletzte Woche über Süddeutschland gezogen hat, hatte erhebliche Auswirkungen auf den Eisenbahnverkehr. Am darauffolgenden Tag waren viele Fahrgäste auf sich alleine gestellt. Die erforderlichen Fahrgast-Informationen wurden oft viel zu kurzfristig bereitgestellt und waren zu punktuell um einen Überblick zu gewinnen.
Die Verteilung der Aufgaben auf die Eisenbahnverkehrs- und zwei Infrastrukturunternehmen (Schienennetz und Stationsbetreiber) führt zu einer aufwändigen Informationskette. Der Fahrgastverband Pro Bahn fordert eine bessere IT-Ausstattung der Bahnhöfe, eine Überarbeitung der Informationskette und das Neudenken aus Fahrgastsicht für zielführende, konsistente und widerspruchsfreie Informationen. Auswirkungen widriger Umstände auf den Fahrplan sind durchaus verständlich.
Genau hier schlägt die Stunde guter Fahrgastinformation. Wenn diese ausgerechnet in solchen Situationen kläglich versagen, ist das ganze Konstrukt zu hinterfragen. Eine Information der Pendler um halb sieben, d.h. nach Beginn des Berufsverkehrs führte dazu, dass diese erst am Bahnhof den Ausfall oder die Änderungen bemerkten, da die wichtigen Informationen zu spät bereitgestellt wurden.
Woher soll der normale Fahrgast wissen, dass im Falle der Sperrung einer Strecke für eine S-Bahn-Linie, auch keine EuroCityExpress-Züge fahren können? Wie kann es sein, dass bei Zügen pünktliche Echtzeitinformationen publiziert werden, obwohl ein Abschnitt durch Busnotverkehr bedient wird? Warum fährt ein Zug in den Echtzeitinformationen munter weiter, obwohl er vierzig Minuten an einem Bahnhof steht?
Diese und weitere Herausforderungen mussten Fahrgäste verarbeiten, um an ihr Ziel zu gelangen. Jedes Eisenbahnverkehrsunternehmen informiert in der Regel nur aus seiner Perspektive. Dabei geht der Gesamtüberblick verloren. An Bahnhöfen ohne Personal wird selten so informiert, dass ein hilfreicher Überblick möglich wird. Außerdem fehlen hier größere Bildschirmflächen, die schnell erfassbar Informationen bereitstellen können.
Selbst erfahrende Fahrgäste waren hilflos. Auch am Folgeabend waren die Informationen viel zu schnell veraltet, obwohl die Wettersituation sich beruhigt hatte. Reisende die sich auf den DB Navigator verließen, konnten erleben, wie eine Reisebegleitung innerhalb von kurzer Zeit mehrfach aufforderte, Alternativen zu suchen, da die Daten zu kurzfristig aktualisiert wurden.
Jörg Bruchertseifer, Referent Fahrgastinformation bei Pro Bahn fordert: „Ein Neudenken der Information aus Fahrgastperspektive ist dringend notwendig. Durch die spärliche Ausstattung vieler Bahnhöfe mit Fahrgastinformationssystemen kann in solchen Fällen kein notwendiger Überblick über die Auswirkungen der Störung gegeben werden. Da die EVUs nur Ihr Unternehmen im Fokus haben, geht der Gesamtüberblick verloren. Fahrgäste brauchen eine verlässliche, präzise und widerspruchsfreie Information, um die durchgehende Reisekette mit Bahn und Bus zielführend zu nutzen.“
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
Siegfriedstr. 24a
58453 Witten
Quelle: Zughalt.de