27.07.23
Abellio Rail Mitteldeutschland meldet im ersten Halbjahr 2023 stark gestiegene Fahrgastzahlen – und das auf allen 26 Linien, allerdings in unterschiedlicher Ausprägung Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 sind die Fahrgastzahlen um rund zwanzig Prozent gestiegen. Die Haupteinsatzgebiete sind das Land Sachsen-Anhalt und der Freistaat Thüringen mitsamt angrenzender Großstädte.
Insgesamt nutzten an die 10,5 Millionen Fahrgäste in den ersten sechs Monaten des Jahres das Angebot, das Abellio im Auftrag der mitteldeutschen Bundesländer erbringt. Im ersten Halbjahr 2022 waren es ca. 8,7 Millionen Fahrgäste. Damit stieg die Zahl der Fahrgäste um knapp ein Fünftel. Dabei zeigt sich, dass das der Fahrgastzuwachs ein nachhaltiger Trend ist.
Bereits der Januar brachte auf einigen Linien Zuwächse von mehr als fünfzig Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, und der Trend hält seither an. Lediglich im Juni sanken die Zahlen gegenüber 2022, was allerdings dem massiven Ansturm durch das Neun-Euro-Ticket im vergangenen Jahr geschuldet ist. Mit dem seit Mai dieses Jahres geltenden Deutschlandticket setzt die Politik nun auf ein nachhaltigeres Wachstum der Fahrgastzahlen.
„Wir freuen uns sehr, dass mehr Menschen in der Region die Vorzüge des Schienenverkehrs für sich entdecken“, so Rolf Schafferath, Vorsitzender der Geschäftsführung der Abellio Rail Mitteldeutschland. „Das Ende der Corona-Maßnahmen und die wachsende Bedeutung des Klimaschutzes spielen dabei sicherlich eine Rolle. Dazu kommt das attraktive Angebot des Deutschlandtickets, und dass der Öffentliche Personennahverkehr seit dem Neun-Euro-Ticket endlich Thema in der breiteren Öffentlichkeit geworden ist.“
Allerdings verweist Rolf Schafferath darauf, dass dieser Erfolg nur dauerhaft sein kann, wenn massiv in die Eisenbahn-Infrastruktur investiert wird. „Die positive Entwicklung wird immer wieder durch den schlechten Zustand der Infrastruktur und Probleme beim Schienennetzbetreiber ausgebremst. Nicht besetzte Stellwerke, schadhafte Schwellen und Verzögerungen bei Baustellen werfen uns immer wieder zurück und sorgen für Frustration bei den Fahrgästen. Das muss sich ändern.“
In der Vergangenheit war Abellio mehrfach von nicht besetzten Stellwerken betroffen. Ohne einen Fahrdienstleiter kann jedoch kein Eisenbahnverkehr stattfinden. Die Züge fallen aus, es werden zwangsläufig Ersatzbusse eingesetzt. Ein etwas detaillierterer Blick auf die Zahlen zeigt, dass das Wachstum im Dieselnetz Sachsen-Anhalt (DISA), das u.a. Magdeburg und Halle (Saale) mit dem Harz sowie Magdeburg und Stendal mit Wolfsburg verbindet, mit 31,5 Prozent höher ausfiel als im südlichen Saale-Thüringen-Südharz-Netz (STS).
Im STS, das unter anderem Halle und Leipzig mit Erfurt und Jena sowie Halle mit Kassel verbindet, und in dem deutlich mehr Fahrgäste unterwegs sind, lag das Wachstum im ersten Halbjahr 2023 immerhin bei 14 Prozent. Der Fahrgastzuwachs verteilt sich auf alle Linien der beiden Netze, wobei der Zuwachs bei den grundsätzlich höher ausgelasteten Linien in der Regel auch etwas spürbarer ausfällt. Der Blick auf den Mai 2023, in dem das Deutschlandticket erstmals gültig war, zeigt einen weiteren Schub in der Nachfrage.
Allerdings ist der Mai dank des Frühlingswetters und vieler Veranstaltungen traditionell ein Monat mit hoher Nachfrage. Für belastbare Aussagen zur Wirkung des Deutschlandtickets ist es derzeit noch zu früh, auch weil der Vergleich zum Vorjahr im Juni durch die Einmaleffekte des Neun-Euro-Tickets wenig aussagekräftig ist.
Dennoch liefert der Mai 2023 bereits Hinweise auf die Auswirkungen des Angebots, für 49 Euro im Monat bundesweit den ÖPNV nutzen zu können. Denn während der Zuwachs im Mai auf vielen Strecken dem anderer Monate entsprach, sind die Fahrgastzahlen auf den Regionalbahnlinien RB 36 zwischen Magdeburg und Wolfsburg und RB 35 Stendal- Wolfsburg sehr stark angestiegen. So verzeichnete die RB 36 einen Zuwachs von 130Prozent gegenüber dem Vorjahr, auf einzelnen Fahrten waren fünf Mal so viele Fahrgäste unterwegs wie im Vorjahr.
Das lässt den Schluss nahe, dass viele Berufspendler in der Region das Deutschlandticket nutzen und auf die Schiene umgestiegen sind. Also genau das, was auch das Ziel sowohl des Neun-Euro-Tickets wie auch das des Deutschlandtickets seit Anfang Mai sein soll. Inwieweit sich das allerdings realisieren lässt, hängt auch von der Frage ab, ob die Eisenbahn zuverlässig genug betrieben werden kann.
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
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Quelle: Zughalt.de