03.08.23
Die Nachfrage in den Zügen der Deutschen Bahn st im ersten Halbjahr 2023 weiter gestiegen – und zwar zweistellig. Das Deutschlandticket hat diesen Trend bereits in den ersten zwei Verkaufsmonaten mit branchenweit rund elf Millionen Abonnenten im Regionalverkehr zusätzlich beflügelt. Kräftiger noch als die Fahrgastzahlen ist dabei im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2022 die Verkehrsleistung im Schienenpersonenverkehr in Deutschland gewachsen – und damit die Anzahl der Kilometer, die Reisende per Zug zurückgelegt haben.
Der DB Fernverkehr erreichte bei der Verkehrsleistung sogar einen historischen Rekord. Trotz erschwerter Rahmenbedingungen wie anhaltender Inflation und Preisrückgängen an den internationalen Frachtmärkten hat der DB-Konzern insgesamt im ersten Halbjahr mit 331 Millionen Euro erneut ein positives operatives Ergebnis (EBIT bereinigt) erzielt.
Der operative Gewinn ist aber, auch wegen hoher Vorleistungen der DB für Verbesserungen in der Infrastruktur, im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2022 um mehr als 500 Millionen Euro (rund 62 Prozent) gesunken. Der Konzernumsatz (bereinigt) betrug im ersten Halbjahr 2023 rund 25 Milliarden Euro (Vorjahreszeitraum: rund 28 Milliarden Euro).
„Unser Nachfragepotenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft“, sagte DB-Vorstandsvorsitzender Richard Lutz in Berlin: „Das ist eine gute Nachricht für die DB und für das Klima.“ Er unterstrich: „Der Rückenwind für die Eisenbahn zeigt: Es ist unerlässlich, auch in herausfordernden Zeiten konsequent weiter in mehr Verkehr auf der klimafreundlichen Schiene zu investieren. Gleichzeitig arbeiten wir entschlossen daran, unsere Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.“
Die Abweichungen beim Konzernergebnis gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 sind neben dem allgemeinen Kostenanstieg und dem erheblich gesteigerten Aufwand der DB für das Schienennetz im Wesentlichen auf die branchenweite Normalisierung der Frachtraten in der Luft- und Seefracht zurückzuführen. Wie erwartet hat sich diese weltweite Entwicklung auch auf die Logistik-Tochter DB Schenker ausgewirkt.
„DB Schenker hat trotz der sich normalisierenden Frachtraten im Luft- und Seefrachtverkehr im ersten Halbjahr 2023 einen deutlichen operativen Gewinn von 626 Millionen Euro erzielt“, sagte Lutz. Der positive Beitrag der Logistik-Tochter zum Konzernergebnis liegt somit auf fast dreimal so hohem Niveau wie vor der Corona-Pandemie. DB Schenker hatte 2022 unter anderem aufgrund der damals weltweit extrem hohen Frachtraten den größten Gewinn seiner Unternehmensgeschichte erreicht.
Im Kerngeschäft der DB, dem Systemverbund Bahn, haben im ersten Halbjahr 2023 alle Bereiche ihre Umsätze teils deutlich gesteigert. Dazu hat die gewachsene Nachfrage im Personenverkehr beigetragen. Über 808 Millionen Reisende fuhren im ersten Halbjahr 2023 im Regionalverkehr auf der Schiene in Deutschland– rund 11,5 Prozent mehr als in den ersten sechs Monaten 2022. Mehr als 68 Millionen Fahrgäste nutzten im gleichen Zeitraum den DB-Fernverkehr, ein Zuwachs um über neun Millionen Reisende oder 15,4 Prozent.
Weitaus kritischer ist man beim Wettbewerberverband Mofair. Verbandsgeschäftsführer Matthias Stoffregen: „Die Zahlen machen deutlich: Lange geht es nicht mehr gut mit Deutschlands größtem Staatsunternehmen. Der Druck auf die Politik wächst, zweierlei zu klären. Erstens: Wie viel Geld ist uns die umweltfreundliche Schiene wert? Und zweitens: Wie stellen wir sicher, dass nicht nur noch mehr Geld in dysfunktionalen Strukturen verschwindet? Diese Fragen müssen bis zum Start der ‚InfraGO‘ 2024 mindestens grundsätzlich geklärt werden.“
Für die Wettbewerbsbahnen im Personenverkehr sind dabei zwei Forderungen wesentlich: Die neue gemeinwohlorientierte Schieneninfrastruktur muss personell und finanziell vollständig vom Rest des Konzerns getrennt werden, um endlich mehr Transparenz zu schaffen. Die Nutzer des Netzes müssen in das Aufsichtsgremium der neuen Gesellschaft entsandt werden.
„Direkte Kontrolle durch die Nutzer bringt deutlich mehr als ein hochkomplexes Set von Kennzahlen“, so Matthias Stoffregen. Zumindest das schlechte Ergebnis der DB Netz ist erklärbar: Es dürfte im Wesentlichen auf Investitionen in die Infrastruktur zurückzuführen sein, die im Vorfeld der Generalsanierungen getätigt werden. Infrastrukturvorstand Berthold Huber hatte zuvor angekündigt, diese zusätzlichen Mittel würden „voll gegen das EBIT“ der DB gehen.
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
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Quelle: Zughalt.de