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VRS warnt vor Finanzrisiken durch D-Ticket

22.04.24

Im Rahmen seiner Jahresbilanz warnt der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) im Großraum Köln-Bonn vor Abbestellungen von ÖPNV-Leistungen, weil das Deutschlandticket nicht auskömmlich finanziert ist. Sollten Bund und Länder keine deutlich höheren Ausgleichszahlungen bereitstellen, bleibt kein anderer Weg. „Der ÖPNV ist kein Selbstzweck, sondern dient der Daseinsvorsorge und der Teilhabe von Menschen. Zudem kann er einen spürbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Daher sollten sich alle politisch Verantwortlichen zu einem starken Nahverkehr bekennen. Und das heißt vor allem, das Deutschlandticket dauerhaft auskömmlich zu finanzieren“, betont VRS-Geschäftsführer Michael Vogel.

Das Deutschlandticket ist eine im Sinne der Fahrgäste wertvolle Weiterentwicklung des Tarifs – das belegen auch die Verkaufszahlen: Im Dezember 2023 hat die Zahl der im VRS verkauften Deutschlandtickets erstmals die Marke von einer halben Million (504.155) überschritten. Besonders die Jobticket-Variante ist ein Renner: Im Dezember 2023 war jedes dritte Deutschlandticket im VRS ein Deutschlandticket als Jobticket – der Anteil war damit doppelt so hoch wie im bundesweiten Durchschnitt (ca. 15 Prozent).

Doch der gute Anklang, den die Deutschlandticket-Angebote im VRS-Gebiet finden, schlägt sich nicht ausreichend in den Kassen der Verkehrsunternehmen nieder: Sollten Bund und Land ihrer Finanzierungszusage nicht nachkommen, fehlen im VRS allein im Jahr 2024 nach aktuellen Schätzungen 275 Millionen Euro. Hierbei ist der dringend notwendige Ausbau des Nahverkehrs noch nicht mitbedacht. Im vergangenen Jahr haben die im Beirat des VRS vertretenen Verkehrsunternehmen zwar ein Umsatzplus im Vergleich zum Jahr 2022 erwirtschaftet (577 Millionen zu 485 Millionen, + 19 Prozent; Werte gerundet).

Das liegt allerdings an den drei Monaten, in denen 2022 das Neun-Euro-Ticket verkauft wurde und in denen die Einnahmen extrem zurückgegangen waren. Bei einem „normalen“ Einnahmenjahr 2022 ohne die „Neun-Euro-Ticket-Monate“ wäre die Entwicklung der Einnahmen im Jahr 2023 negativ gewesen. Hypothetisch hätten die Verkehrsunternehmen im VRS rund 757 Millionen Euro im Jahr 2023 einnehmen müssen. „Doch seit dem erheblichen Einbruch der Fahrgastzahlen in der Corona-Zeit ist nichts mehr, wie es einmal gewesen ist. Es ging aus der Pandemie in eine Energiekrise und dann in die Tarifrevolution“, so Michael Vogel.

„Den daraus entstandenen Herausforderungen haben wir uns gerne gestellt und tun dies auch weiterhin. Doch es muss den politischen Entscheidern klar sein, dass Busse und Bahnen seltener fahren werden, wenn Bund und Land ihrer Verantwortung nicht nachkommen. Die Kommunen als Aufgabenträger des ÖPNV können das durch das Deutschlandticket entstehende Delta keinesfalls auffangen.“ Die bei den Verkehrsunternehmen entstandenen Mindereinnahmen im Jahr 2023 wurden aus den Unterstützungen des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen, den sogenannten Rettungsschirmen, größtenteils aufgefangen.

Sollten diese Gelder allerdings ausbleiben, sieht man im VRS schwarz. Neben dem Deutschlandticket ist der elektronische Tarif eezy der zweite Pfeiler für die Tarifzukunft im VRS. Daher führt der Verbund seine Digitalisierungsstrategie fort. Nachdem der in Kooperation mit den Kölner Verkehrsbetrieben (KVB) und dem Schweizer Anbieter FAIRTIQ entwickelte eTarif Grundlage für die NRW-weite Ausrollung von eezy gewesen ist, entwickelt der VRS den innovativen Luftlinientarif kontinuierlich weiter.

Um Rückschlüsse für die tarifliche und vertriebliche Weiterentwicklung von eezy im Sinne der Fahrgäste zu ziehen und eezy auch bisherigen Nichtnutzern nahezubringen, erhielten Neukunden im Winter 2023 ein Startguthaben. Die anonymisierten Nutzungsdaten werden aktuell ausgewertet. Nicht nur der Zugang zum ÖPNV soll für die Fahrgäste möglichst einfach sein, sondern auch die Informationsbeschaffung. Der VRS bereitet Modernisierungen seiner App und seiner Homepage vor.

Norbert Reinkober, ebenfalls VRS-Geschäftsführer: „Unser oberstes Ziel dabei: Die Fahrgäste sollen alle benötigen Informationen schnell und einfach finden und auch multimodale Reisen einfach und komfortabel planen können. Bei der konkreten Umsetzung der Überarbeitungen unserer Homepage setzen wir auf das Prinzip mobile first, um die Lebenswirklichkeit der meisten unserer Fahrgäste abzubilden, die viele Dinge ganz selbstverständlich über das Smartphone erledigen.“

Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
Siegfriedstr. 24a
58453 Witten
Quelle: Zughalt.de