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Eisenbahner mit Herz 2024 ausgezeichnet

03.06.2024

Auch in der sich weiter dramatisierenden Eisenbahnkrise in Deutschland hat die Allianz pro Schiene erneut die Eisenbahner der Herzen vorgestellt. Verspätete Züge, kaputte Fahrstühle, verpasste Anschlüsse – es gibt viele Gründe, die manch eine Reise zu einer Herausforderung machen können. Die Mitarbeiter der Bahnen wachsen in ihrem Job oftmals über sich hinaus, um Fahrgäste auch in schwierigen Situationen zu unterstützen. Es ist die 14. Preisverleihung.

Der Geschäftsführer des gemeinnützigen Verkehrsbündnisses, Dirk Flege, der auch Jury-Mitglied ist, freut sich über zahlreiche tolle Geschichten: „Wir hatten in diesem Jahr mehr als 150 Vorschläge von Fahrgästen aus ganz Deutschland, die nach einem positiven Erlebnis unter anderem Zugbegleiter, Lokführerinnen oder Servicemitarbeitende als Eisenbahner mit Herz vorgeschlagen haben. Das zeigt, wie sehr sich das Personal ins Zeug legt. Gerade an sehr anstrengenden Arbeitstagen haben unsere Gewinnerinnen und Gewinner alles aus sich herausgeholt und haben mit Herz, Köpfchen und Engagement alles für ihre Fahrgäste gegeben. Sie verdienen Lob und Anerkennung.“

Der erste Preis geht an Anja Szeglat. Sie stellte im Zug von München nach Hamburg fest, dass es nicht genügend Personal gab: Als einzige Mitarbeiterin war sie für 13 Waggons zuständig. Eigentlich hätte sie die Zugfahrt in Kassel-Wilhelmshöhe abbrechen müssen. Doch schließlich hatte sie eine Idee: Was, wenn sie einfach ihren Zug auf die erlaubte Waggon-Anzahl schrumpfen könnte? Mit einigen freundlichen Durchsagen hält sie die Fahrgäste auf dem Laufenden und erreicht, dass sich die Reisenden ohne zu murren von ihren festen Sitzplätzen verabschieden und sich in der Mitte des Zuges treffen. So kann sie einige nun leere Waggons verschließen, und der Zug kommt mit etwas Verspätung doch noch ans Ziel. Die Fahrgäste sind begeistert und applaudieren, die Zugchefin ist zu Tränen gerührt und erleichtert.

Der zweite Platz geht an Thomas Böhm von der Bayrischen Regiobahn. Der Zugbegleiter steht am Ende einer langen Schicht, als ihn in Kufstein (Österreich) ein Vater und dessen Sohn auf dem Bahnsteig ansprechen. Sie haben nach einem Gleiswechsel ihren Zug nach München verpasst. So spät am Abend gibt es jedoch keinen nächsten Zug mehr, und es droht ihnen eine Übernachtung am Bahnhof. Thomas Böhm bietet dem Vater und seinem minderjährigen Sohn an, sie mit seinem Privat-Auto nach München zu bringen – obwohl das für ihn einen Umweg von sage und schreibe 300 Kilometern bedeutet. Die beiden Fahrgäste sind sprachlos, als der Zugbegleiter sie gegen 3.45 Uhr in der Früh am Münchner Hauptbahnhof absetzt und sie dort gleich den ersten Zug nach Hannover erwischen. Thomas Böhm ist erst gegen 5.30 Uhr zuhause – müde, aber glücklich; und mit dem guten Gefühl, dass er zwei Menschen helfen konnte.

Der dritte Platz geht an Gerd Müller – der zwar nicht der Bomber der Nation, aber dafür ein engagierter Mitarbeiter bei DB Regio Mitte ist. Ein kaputter Fahrstuhl am Bahnhof im südhessischen Bensheim krempelt den Arbeitstag von Gerd Müller gewaltig um. Eine kleine Reisegruppe will nach einem gemeinsamen Ausflug von Bensheim mit dem Zug zurück nach Frankfurt fahren. Doch wegen des kaputten Fahrstuhls muss sich die Gruppe auf dem Nachhauseweg aufteilen: Die Hälfte der Gruppe, die auf Rollstühle angewiesen ist, hat wegen des defekten Aufzugs keine Chance, zu ihrem Zug nach Frankfurt zu kommen. Sie bleibt mit einem Betreuer in Bensheim zurück.

Die Gruppe ist ziemlich verzweifelt. Die andere Hälfte der Gruppe, die mobil ist und es in den Zug nach Frankfurt geschafft hat, bittet Zugbegleiter Gerd Müller um Hilfe. Er setzt alle Hebel in Bewegung und wird so etwas wie eine Telefonzentrale aus dem fahrenden Zug: Er spricht abwechselnd mit der Transportleitung und hält beide Hälften der Gruppe auf dem Laufenden. Schließlich erreicht er, dass der nächste Zug nach Frankfurt in Bensheim auf ein Gleis mit funktionierendem Fahrstuhl umgeleitet wird, damit die Rollstuhlfahrer einsteigen können.

Der Wettbewerb Eisenbahner mit Herz besteht aus zwei Teilen. Zunächst können über eine für alle offene Online-Abstimmung die Fahrgäste ihre Lieblingsgeschichte auswählen. Der Gewinner oder die Gewinnerin erhält den Preis in der Kategorie Publikumsliebling. Darüber hinaus kürt eine siebenköpfige Fachjury aus der Bahnbranche die Kandidaten für die Gold-, Silber- und Bronze-Auszeichnung. Einsendungen für das nächste Jahr sind bereits möglich.

Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
Siegfriedstr. 24a
58453 Witten
Quelle: Zughalt.de