11.06.24
Der SPFV war in Europa lange den Staatsbahnen und einigen Nischenanbietern vorbehalten. Das könnte sich jetzt ändern. SCI Verkehr zeigt in einer neuen Studie, dass ein Nachfrageboom nach flexiblen Fahrzeugkonzepten in Europa eingesetzt hat und erwartet zwischen 2023 und 2028 ein jährliches Wachstum von rund dreißig Prozent. Mit der Wiederbelebung lokbespannter Züge in moderner Wagenausstattung ergeben sich universeller einsetzbare Lösungen auf der Fahrzeugseite, welche dem Wettbewerb im Fernverkehr die entscheidende Hürde nehmen.
Dies gilt insbesondere auf grenzüberschreitender Relation, weil die Zulassung der Wagen und der Lokomotive einzeln deutlich weniger aufwändig ist als die eines Hochgeschwindigkeitstriebzugs. Die starke Nachfrage nach diesen Zügen macht deutlich, dass neue Anbieter auf die Fernverkehrsmärkte drängen – sei es frontal im Wettbewerb auf attraktiven Linien der Staatsbahnen oder grenzüberschreitend in Randlagen im Tages- und Nachtzugverkehr – so ein Ergebnis der Marktstudie „Intercity and Night Trains – European Market Trends 2024“.
Der Wettbewerb auf der Schiene beschränkte sich bisher auf den Güter- und Regionalverkehr sowie wenige Nischenmärkte. Im Fernverkehr schreckten Leasinggeber und Bahnen bislang vor dem Wettbewerb zurück – zu hoch waren die Risiken des Eintritts in etablierte Märkte bei sehr teuren und langlebigen Fahrzeugkonzepten. Bislang konnten in Kerneuropa die etablierten Nationalbahnen wie DB Fernverkehr in Deutschland, SNCF in Frankreich oder PKP Intercity in Polen ihre Märkte erfolgreich verteidigen.
Doch drängen private Open-Access Betreiber und ausländische Bahnen nun verstärkt in den Fernverkehr als letzte Bastion des Schienenverkehrs. Dazu suchen die Betreiber nach bewährtem Rollmaterial, das flexibel im Betrieb und zukunftssicher einsetzbar ist. Neben den klassischen Hochgeschwindigkeitszügen wird gerade auf internationalen Routen verstärkt auf lokbespannte Intercity-Züge gesetzt. Die Push-Pull-Ausführung – mit einer Lokomotive und einem Steuerwagen auf der gegenüberliegenden Seite – bietet zusätzliche betriebliche Vorteile.
Dank leichter Konfiguration lässt sich ein lokbespannter Zug besser an Änderungen der Verkehrsnachfrage anpassen. Mit politischer Unterstützung werden immer mehr Investitionen in die Infrastruktur und Ausrüstung der wichtigsten Korridore getätigt, das European Train Control System (ETCS) ist dabei nur eines der Projekte. Ziel ist ein nahtloser Schienenverkehr zwischen den europäischen Metropolen.
Die Hersteller von rollendem Material haben dieses Potential erkannt und setzen auf moderne Intercity-Lokomotiven mit verschiedenen Länderzulassungen und Reisezugwagen mit Geschwindigkeiten von 200 km/h und mehr. So prognostiziert SCI Verkehr, dass der Markt für neue lokbespannte Züge zwischen 2023 und 2028 mit einer außergewöhnlich hohen jährlichen Wachstumsrate von 27,6 Prozent wachsen wird.
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
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Quelle: Zughalt.de