17.06.24
Das Leitmotiv der letzte in Düsseldorf stattgefundenen VDV-Jahrestagung ist „Menschen im Fokus – Fachkräfte, Fahrgäste, Vielfalt“. Das Thema Fach- und Arbeitskräftemangel ist folgerichtig ein Diskussionsschwerpunkt einer Branche, die im Wandel begriffen ist. „Es sind Ergebnisse, die inmitten einer besorgniserregenden Entwicklung hoffnungsfroh stimmen“, so VDV-Präsident Ingo Wortmann bei der Vorstellung der Ergebnisse aus der VDV-Branchenumfrage Personal.
„Wir sehen ein gesteigertes Interesse der Bewerberinnen und Bewerbern, für Bus und Bahn zu arbeiten und insgesamt mehr Bewerbungen. Gleichzeitig geben 74 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie 2023 mehr Kolleginnen und Kollegen eingestellt haben als noch im Vorjahr, bei dem wir bereits sehr hohe Werte hatten. Wir können sagen: Die deutschlandweiten Einstellungsoffensiven laufen auf Hochtouren – und das müssen sie auch, denn es ist noch ein weiter Weg, die demografisch verursachten Effekte wettzumachen und uns personell aufzustellen für Angebotsausbau und Mobilitätswende.“
Bei der vierten VDV-Branchenumfrage Personal nahmen 135 VDV-Mitgliedsunternehmen des öffentlichen Personen- und des Schienengüterverkehrs teil. 75 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass der Personalbedarf zugenommen habe – 23 Prozent davon geben sogar „stark zugenommen“ an. Und die Verkehrsunternehmen vor Ort haben ihre Hausaufgaben gemacht: drei Viertel haben insgesamt mehr eingestellt als noch im letzten Jahr. Mehr als ein Viertel der Unternehmen hat über 15 Prozent Personal neu eingestellt
Am dringlichsten wird laut VDV-Branchenumfrage „Personal im Fahrdienst“ gesucht, gefolgt von „gewerblich-technischem Personal“. Wortmann: „Aber man kann hinschauen, wo man will, wir suchen in allen Bereichen!“ Tatsächlich ist der Bedarf an Ingenieurinnen und Ingenieuren, IT-Spezialisten, beim kaufmännischen Personal sowie bei „Auszubildenden auf einem vergleichbar hohen Niveau. Die Unternehmen prognostizieren in der VDV-Branchenumfrage Personal, dass sie die Zahl ihrer Mitarbeiter bis 2030 um rund 21 Prozent erhöhen müssen, um den politisch geforderten Wachstumszielen der Verkehrswende genügen zu können – ein Aufwuchs, der zusätzlich zu den Folgen des demografischen Wandels kommt: Die Branche geht davon aus, dass bis 2030 jährlich ca. 4.000 bis 6.000 Fachkräfte in den Ruhestand wechseln werden, schon jetzt gehen Branchenfachleute davon aus, dass bereits rund 20.000 Busfahrer im ÖPNV bei den öffentlichen und privaten Busunternehmen in Deutschland fehlen.
Rund 100.000 Busfahrer befinden sich deutschlandweit aktuell in gewerblichen Beschäftigungsverhältnissen im ÖPNV. Dabei gaben fast die Hälfte der Unternehmen an, aus personellen Gründen den Betrieb zumindest zeitweilig eingeschränkt zu haben. „Der Altersdurchschnitt ist im Fahrdienst laut Branchenumfrage mit über fünfzig Jahren nochmal deutlich höher als im technischen Bereich oder in der Verwaltung mit je rund 45 Jahren“, so Wortmann.
Annette Grabbe, Vorstandssprecherin der Rheinbahn, ergänzt: „Der öffentliche Personennahverkehr ist Teil der Lösung, wenn wir die Klimaziele im Bereich Mobilität in unserem Land erreichen wollen. Damit verbunden ist die Modernisierung und der Ausbau der Infrastruktur im gesamten Land. Alleine für die Rheinbahn rechnen wir mit notwendigen Investitionen in Höhe von sechs bis sieben Milliarden Euro bis zum Jahr 2035. Die Unternehmen des Nahverkehrs können diese notwendigen Finanzmittel nicht selbst erwirtschaften. Unsere Branche braucht daher Planungssicherheit und einen klaren Finanzierungsrahmen, der die an uns gerichteten Anforderungen realistisch erscheinen lässt.“
Grabbe: „Gleichzeitig arbeiten wir von innen heraus intensiv daran, die Attraktivität unseres Angebots auf ein neues Level zu heben. Schlüsselfaktor sind hier die Menschen, die sich täglich mit viel Engagement für das Funktionieren des Nahverkehrs einsetzen. Dabei dürfen wir eines nicht vergessen: Über allem steht das Miteinander. Ohne Vielfalt steh’n wir still. Die Rheinbahn ist ein weltoffenes und tolerantes Unternehmen. Das gilt genauso für die anderen Unternehmen im VDV.“
Mit rund zwanzig Prozent Frauen in der Belegschaft ist deren Anteil in der Branche in den vergangenen Jahren zwar deutlich gestiegen. „Allerdings reicht das bei Weitem nicht aus, hier müssen wir uns stärker engagieren, um den Bedürfnissen einzelner Zielgruppen besser gerecht zu werden“, so Ingo Wortmann abschließend.
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
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Quelle: Zughalt.de