11.07.24
Zu einer Sondersitzung kamen die Verkehrsminister am vergangenen Montag (8. Juli) zusammen, um über die zukünftige Finanzierung des Deutschlandtickets zu sprechen. Im Rahmen dessen wurde auch der aktuelle Entwurf zur Novelle des Regionalisierungsgesetzes diskutiert. In diesem Gesetz wird auch die künftige Finanzierung des Deutschland-Tickets sowie von großen Teilen der ÖPNV-Finanzierung geregelt.
Ebenso wie die führenden Verkehrspolitiker auf Landesebene, kritisiert auch der Branchenverband VDV den vorliegenden Gesetzesentwurf des Bundes. „Die Bundesregierung hat sich acht Monate Zeit genommen, um nun einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die zentralen Fragen der endgültigen Finanzierung des Deutschland-Tickets erst bis Ende 2026 klären soll. Zudem will sich der Bund offenbar schrittweise aus der hälftigen Mitfinanzierung des Tickets zurückziehen und den Ländern mehr Finanzverantwortung übertragen. Dabei war es diese Bundesregierung, die das Deutschland-Ticket gemeinsam mit den Ländern bei uns bestellt hat. Wer bestellt, der muss auch bezahlen! Und zwar solange, wie es das Angebot gibt“, so VDV-Präsident Ingo Wortmann.
Ausgangspunkt der Branchenkritik ist das im Gesetzesentwurf vorgeschlagene Verfahren zur Auszahlung von Regionalisierungsmitteln für das Jahr 2025 in Höhe von 350 Millionen Euro. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Auszahlung dieser Mittel an die Länder erst dann erfolgen soll, wenn die Verwendungsnachweise für die Regionalisierungsmittel für das Jahr 2025 vollständig und fristgerecht vorliegen.
„Der Stichtag dafür ist der 30. September 2026. Wir sollen also trotz der extrem angespannten finanziellen Lage in der Branche noch fast zwei Jahre warten, bis die Regionalisierungsmittel vollständig ausgezahlt werden, die der Bund längst zugesagt hat. Das ist ein Unding und weder unternehmerisch noch wirtschaftlich vertretbar. Schon aktuell reichen, auch wegen des Deutschlandtickets, die zur Verfügung stehenden Mittel kaum aus, um das Bestandsangebot zu finanzieren. Es ist vollkommen unverständlich, dass man in so einer Situation dem ÖPNV-System weitere 350 Millionen Euro vorenthält“, so Wortmann.
Zudem sieht die Branche es äußerst skeptisch, dass im Gesetzesentwurf nun nicht mehr davon die Rede sei, dass sich Bund und Länder die Finanzierung des Tickets zur Hälfte teilen, sondern, dass sich die Länder mindestens in gleicher Höhe an der Finanzierung des D-Tickets beteiligen sollen. „Damit verschiebt der Bund die Finanzierungsverantwortung in Richtung der Länder und kündigt de facto die ursprüngliche Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, die eine 50:50-Aufteilung des notwendigen Ausgleichs der Einnahmeverluste bei den Verkehrsunternehmen vorsieht“, erklärt Wortmann.
Ähnlich sieht es auch der Verkehrsclub Deutschland. Der eisenbahnpolitische Sprecher Alexander Elias fordert den Bund zum Handeln auf: „Als erstes muss Finanzminister Lindner die ausstehenden Gelder aus 2023 an die Länder übertragen. Das hat die Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzler Scholz bereits im vergangenen November beschlossen; passiert ist bislang nichts.“ Diese Verweigerungshaltung kritisiert Elias scharf: „Erst das Ticket initiieren und als Erfolg der Regierung verkaufen – dann versprochenes Geld zurückhalten und dessen Zukunft gefährden. Das passt nicht zusammen!“
Vor allem müsse aber die Frage geklärt werden, wer künftig die Mehrkosten trägt – sonst drohten Preisschock oder Flickenteppich, so Elias: „Um diese Zitterpartie dauerhaft zu beenden, brauchen wir eine Novelle des Regionalisierungsgesetzes. Darauf warten wir seit Monaten.“ Der Bahnexperte fordert Finanz- und Verkehrsministerium auf, unverzüglich eine entsprechende Vorlage zu erarbeiten und dem Bundeskabinett vorzulegen. „Nur so hat das 49-Euro-Ticket eine Zukunft.“
Kritisch zur Gesamtlage bei der Eisenbahn äußert sich auch Bayerns Landesverkehrsminister Christian Bernreiter (CSU): „Seit acht Monaten reden wir an den Bund hin, die zugesagte Übertragung der Restmittel sicherzustellen. Jetzt soll es eine Sondersitzung des Bundeskabinetts im Juli richten. Das ist keine solide Regierungsarbeit und verunsichert die Fahrgäste und Verkehrsbetriebe im ganzen Land. Dem Bund kann man erst glauben, wenn die Finanzierung nicht nur angekündigt ist, sondern er seinen bereits im letzten Jahr eigegangenen Verpflichtungen für 2023 und 2024 endlich Taten folgen lässt. Dann endlich haben wir Sicherheit, dass der Preis für das Jahr 2024 stabil bleibt.“
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
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Quelle: Zughalt.de