02.09.24
Die Branchenverbände VDV und bdo haben gemeinsam eine Reform des Busführerscheinrechts gefordert. Ohne zusätzliches Fahrpersonal sehen sie nicht nur die Verkehrswende, sondern zunehmend das bestehende ÖPNV-Angebot in Gefahr. Als große Hürde für den Berufszugang in Deutschland identifizieren die beiden Verbände den langwierigen und kostenintensiven Erwerb des Busführerscheins und der Berufskraftfahrerqualifikation. Mit konkreten Reformvorschlägen richten sich die beiden Branchenverbände deshalb an die Politik und das zuständige Bundesministerium für Digitales und Verkehr.
Schon heute fehlen bundesweit rund 20.000 Busfahrer im ÖPNV. Dies hat zur Folge, dass rund 80 Prozent der Unternehmen aufgrund des Fahrpersonalmangels von mittelschweren bis erheblichen Auswirkungen auf ihr Unternehmen berichten. Die Folgen: Fahrpläne werden ausgedünnt, Fahrten fallen aus. Zudem ist mehr als die Hälfte des Fahrpersonals älter als 50 Jahre. Bis 2030 werden daher jährlich durchschnittlich etwa 6.000 Fahrerinnen und Fahrer in den Ruhestand wechseln. Die beiden Verbände gehen davon aus, dass bis 2030 rund 50.000 bis 60.000 Busfahrer im ÖPNV fehlen werden.
Hinzu kommt ein weiterer Bedarf für den ÖPNV-Ausbau und für die Schienenersatzverkehre der umfassenden Sanierungsvorhaben der Bahn. Die Unternehmen haben bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um dem Fahrpersonalmangel entgegenzuwirken, etwa die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Imageförderung des Berufsbilds oder einer möglichst attraktiven Fahr- und Dienstplanung. Andere Regularien werden vom Bund festgelegt: So ist aus Branchensicht der Erwerb des Busführerscheins und der Berufskraftfahrerqualifikation eine große Hürde für den Berufszugang in Deutschland.
Die Kosten und der zeitliche Aufwand für deren Erwerb sind hierzulande deutlich höher als in benachbarten EU-Ländern. Aus diesem Grund machen die Branchenverbände in ihrem gemeinsamen Positionspapier Vorschläge für die Reform der Fahrausbildung und der Berufskraftfahrerqualifikation und mahnen, diese zentralen Maßnahmen zügig umzusetzen, damit der bestehende ÖPNV gesichert und sein Ausbau im Sinne der Verkehrswende realisiert werden kann. Konkret schlagen die Verbände vor: Die Streichung der Pflichtstunden für die Führerschein-Grundausbildung analog dem Lastwagen.
Lastwagen- und Busfahrer haben nahezu identische Ausbildungen mit vergleichbaren Fahrzeugen – Entsprechend gleich sollte auch die Fahrausbildung sein. Daher sind wie beim Lkw auch beim Busführerschein die Pflichtstunden der Grundausbildung zu streichen. Das heißt: Die individuelle Bewerberkompetenz sowie die Beurteilung der des Fahrlehrers entscheiden darüber, wie viele Fahrstunden – über die besonderen Ausbildungsfahrten hinaus – ein Bewerber im Einzelfall für die Fahrbefähigung bzw. Prüfungsreife benötigen.
In Deutschland kann die Berufskraftfahrerqualifikation derzeit als sogenannte „beschleunigte Grundqualifikation“ mit 140 Pflichtstunden oder als sogenannte „Grundqualifikation“ im Selbststudium erworben werden. Aufgrund der aktuellen Ausgestaltung der Grundqualifikation wird diese in der Praxis kaum in Anspruch genommen – insbesondere ist das Selbststudium ohne ergänzendes Schulungsangebot eine Hürde.
Karl Hülsmann, bdo-Präsident, sagte dazu in Berlin: „Die aufgeblähten Vorgaben ziehen sich wie ein roter Faden durch die Busfahrausbildung. Während dieselbe Ausbildung in Österreich in weniger als vierzig Stunden und für knapp 3.000 bis 4.000 Euro durchgeführt wird, müssen deutsche Busbetriebe mittlerweile bis zu 14.500 Euro veranschlagen. Diese Diskrepanz sprengt endgültig den Rahmen. Wir benötigen dringend eine schlanke und effiziente Busfahrausbildung. Dies ist ohne Abstriche bei der Qualität und Sicherheit möglich – Dafür sorgen die gleichbleibenden Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen.“
VDV-Vizepräsident Werner Overkamp: „Es gibt die Einigkeit in der Branche, dass eine Reform der Busfahrerausbildung erforderlich ist und dies neben anderen wichtigen Themen, wie der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei der Dienstplangestaltung und mehr Teilzeitangeboten, aber auch der Verbesserung des Berufsbildes dazu führt, dass wir auch in Zukunft ausreichend Kandidaten für den wichtigen Beruf des Busfahrers und der Busfahrerin gewinnen können. Nur so können wir mittel- und langfristig das ÖPNV-Angebot sichern und weiter ausbauen.“
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
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Quelle: Zughalt.de