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Sektorbeirat fordert Finanzierungsfonds

23.09.24

Der Sektorbeirat, ein unabhängiges Fachgremium, das die DB InfraGO AG berät, zieht nach seiner letzten Sitzung in diesem Monat ein Zwischenfazi. Das Gremium hält es für zwingend notwendig, dass die DB InfraGO massiv in die Instandhaltung des Bestandsnetzes investiert, gleichzeitig aber auch den Ausbau und die Digitalisierung des Netzes vorantreibt. Der erfolgreiche Aufbau einer nachhaltig leistungsfähigen Infrastruktur ist nach Ansicht des Beirats allerdings nur mit einer dauerhaft auskömmlichen Finanzierung möglich, also einem langfristig angelegten, stabilen und trassenpreisneutralen Finanzierungsmodell.

Der Sektorbeirat appelliert daher an alle beteiligten Akteure bei der DB und in der Politik, tragfähige finanzielle Voraussetzungen für eine starke Infrastruktur zu schaffen. Die angestrebte Verlagerung von Verkehr auf die Schiene dürfe nicht auf der Strecke bleiben. Der erfreuliche Aufwuchs in der Finanzierung im Bundeshaushalt 2025 und der neue Rechtsrahmen mit dem reformierten Bundesschienenwegeausbaugesetz können nur ein Anfang sein. „Infrastruktur ist eine Daueraufgabe“, sagt Bärbel Fuchs, Vorsitzende des Sektorbeirats und Geschäftsführerin der Bayerischen Eisenbahngesellschaft.

Fuchs: „Eine leistungsstarke Infrastruktur sicherzustellen, ist ein Marathon, kein Sprint. Entscheidend ist eine langfristige Durchfinanzierung der Vorhaben auf Basis eines langfristigen Finanzierungskonzepts. Nur ein solches kann die stabilen Rahmenbedingungen schaffen, die – nicht zuletzt auch für die Bahnbauindustrie – Planungssicherheit und Verlässlichkeit bieten. Die Gelder für die Infrastruktur müssen deshalb langfristig über mehrere Jahre zur Verfügung stehen, statt sie kurzfristig je nach Haushaltslage freizugeben.“

Man dürfe zudem nicht Gefahr laufen, dass aufgrund etwaiger Finanzierungslücken Sanierungsmaßnahmen nicht zu Ende geführt oder Ausbau- und Digitalisierungsvorhaben erst gar nicht in Angriff genommen werden könnten. Fehle die Finanzierungssicherheit über die gesamte Laufzeit der erforderlichen Infrastrukturvorhaben und -programme, gefährde dies nicht nur die Daseinsvorsorge, da der Bevölkerung in Städten und Regionen kein ausreichendes Angebot im Schienenverkehr mehr gemacht werden könne. Auch die deutsche Industrie und Wirtschaft brauche eine verlässliche Schieneninfrastruktur.

Norbert Reinkober, Co-Vorsitzender des Sektorbeirats und Geschäftsführer von go.Rheinland, unterstreicht: „Niemand kann ein ernsthaftes Interesse daran haben, dass der Bahnverkehr auf der Strecke bleibt, weil Fahrgäste und Güterverkehrskunden wieder auf die Straße umsteigen. Ein Weiter so darf es nicht geben. Anderenfalls fällt Deutschland hinsichtlich der Ausstattung seiner Eisenbahninfrastruktur immer weiter hinter andere europäische Länder zurück. Stolpersteine auf dem Weg zu mehr umweltfreundlicher Mobilität müssen aus dem Weg geräumt werden. Was wir brauchen, sind Lösungen, die langfristig tragen.“

Als Lösung für eine überjährige Finanzierung sieht der Sektorbeirat einen „schuldenbremseneutralen“ Infrastrukturfonds. Hierzu müssten kurzfristig tragfähige Modelle entwickelt und entsprechende Haushaltsansätze geschaffen werden. Entwicklungen aufgrund von haushälterischen Einzelmaßnahmen wie die zuletzt von DB InfraGO avisierte drastische Erhöhung der Trassenpreise sieht der Sektorbeirat kritisch.

Die Zeche für die Fehler der Vergangenheit dürfe nicht zu Lasten der Nutzer gehen, deren Kosten dadurch überproportional steigen, so die Forderung des Sektorbeirats an die DB InfraGO und den Gesetzgeber. Die aktuell geplanten Steigerungen würden vielfältige negative Folgen haben und kontraproduktiv wirken. Bahnbetreiber, die ohnehin bereits durch erheblich gestiegene Personal- und Energiekosten belastet sind, müssten die höheren Kosten an ihre Kunden weitergeben. Für Fahrgäste würden die Ticketpreise deutlich steigen; gleichzeitig müssten sie sich darauf einstellen, dass mehr und mehr Verbindungen gestrichen würden.

Firmen, die ihre Güter auf der Schiene transportieren, könnten genötigt werden, auf andere Verkehrsträger umzusteigen. Zudem könnte die Wettbewerbsfähigkeit des Schienenverkehrs gegenüber anderen Verkehrsträgern Schaden nehmen. Langfristige Lösungen sieht der Beirat auch bei der Umsetzung des europäischen Zugleitsystems ETCS und der Digitalisierung der Schiene gefragt. Man fordert mehr Tempo und einen mit allen Beteiligten koordinierten und langfristig angelegten Umsetzungsplan, um Inkompatibilitäten zu vermeiden.

Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
Siegfriedstr. 24a
58453 Witten
Quelle: Zughalt.de