25.09.24
Der globale Bahnmarkt hat beläuft sich inzwischen auf ein Volumen von rund 200 Milliarden Euro im Jahr und wird auch in den nächsten fünf Jahren mit etwa vier Prozent p.a. dynamisch weiterwachsen, wie die aktuelle SCI-Studie „Worldwide Market for Railway Industries 2024“ prognostiziert. Entscheidend sind dabei digitale Lösungen. So wächst die Systemtechnik global mit 4,6 Prozent stärker als der Gesamtmarkt, aber auch in den klassischen Produktsegmenten Bahninfrastruktur und Schienenfahrzeuge steigt der Anteil digitaler Komponenten und digitaler Abläufe deutlich an.
Dabei zeigen sich zwei Geschwindigkeiten der Digitalisierung: Neue Systeme, etwa im Nahen Osten und Asien setzen neue Standards mit beeindruckenden Lösungen hochdigitalisierten Bahnbetriebs. So ist die Bahn effizienter, attraktiver und auch konkurrenzfähiger gegenüber anderen Verkehrsträgern, in urbanen Räumen ebenso wie im Güterumschlag. Die Digitalisierung von Bestandsnetzen ist dagegen erheblich aufwändiger und langwieriger, da sie sukzessiv im rollenden Betrieb erfolgen muss.
Transportzuwächse und verkehrspolitische Ziele verlangen digitale Umrüstung und digitale Innovationen in Netz und Betrieb. Gerade im nachfragestarken europäischen Markt besteht ein hoher Modernisierungsbedarf, der nicht allein durch öffentliche Mittel finanziert werden kann. Das eröffnet Chancen für neue Finanzierungsinstrumente und Spielräume für alternative Akteure. Bei der Digitalisierung sind neue Verkehrssysteme im Vorteil, die neue Standards durch ATO und CBTC-Lösungen sowie KI-unterstützte Systeme setzen und neue Impulse vorantreiben.
Dem gegenüber stehen etablierte Bestandsnetze, bei denen ein immenser Modernisierungsbedarf besteht und die nur mit einem sehr hohen Aufwand umgerüstet werden können. Bestehende Technologien können nicht länger weiter genutzt werden und sind ebenso wenig geeignet, um dringend notwendige Kapazitätserhöhungen zu ermöglichen sowie die Zuverlässigkeit und Sicherheit im Bahnbetreib zu steigern. Die Digitalisierung der Bestandsnetze ist daher deutlich aufwändiger, komplexer und teurer als beim Rollout neuer Systeme, da diese Umrüstung nur schrittweise und deutlich langsamer möglich ist.
Trotz einiger Pilotprojekte und im Metrobereich bereits etablierten Beispielen von automatisierten Systemen, rückt die Komplettautomatisierung der konventionellen Bahnnetze aufgrund der hohen Investitionskosten in weite Ferne. In Europa spielt die strecken- und fahrzeugseitige Ausrüstung mit ETCS eine Schlüsselrolle für die weitere Digitalisierung des Schienenverkehrs.
In den nächsten Jahren müssen sehr viele ältere Bestandsfahrzeuge auf ETCS umgerüstet werden, bei gleichzeitig begrenzten Kapazitäten der Industrie. Die Umsetzung ist stark heterogen. Kleinere Länder wie die Schweiz, Belgien und Dänemark sind bei der Implementierung von ETCS beträchtlich vorangekommen, während Deutschland und Frankreich zu den Schlusslichtern gehören.
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
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Quelle: Zughalt.de