17.10.24
Natürlich klingt das alles ganz gut, wenn die DB AG bekanntgibt, dass man öfter fahren will oder mehr Direktverbindungen anbietet, gerade auch wenn mehr grenzüberschreitende Verbindungen eingeführt werden. Dabei ist das mit den grenzüberschreitenden Fernverkehrsverbundingen eben gar nicht so sehr der DB AG zu verdanken, sondern eher die Umständen des Marktes.
Wenn es nicht gelingt, ausreichende Direktverbindungen zum Beispiel von Frankfurt am Main nach Paris oder von Amsterdan nach Berlin zu schaffen, dann werden die anderen europäischen Staatseisenbahnen diese Fernverkehrfahrten auf eigene Rechnung im Zweifel selbst durchführen, dann auch in direkter Konkurrenz zur DB AG. Um das zu verhindern arbeitet man zusammen und schafft ein gemeinsames Angebot, das sich dann auch eben nicht mit einem Handstreich wieder wegrationalisieren lässt, weil es plötzlich unwirtschaftlich geworden ist.
Dass es auch schlechte Seiten gibt zeigt etwa die Bruchstelle Siegen, wo sich die Direktverbindungen an die Nordseeküste deutlich verschlechtern. Gibt es die Möglichkeit, politisch gegenzusteuern? Nein, gibt es nicht. Wenn die DB AG sagt, dass man bestimmte Leistungen ausdünnt oder gar nicht mehr fährt, dann ist das eben so, da kann niemand was tun. Der rote Konzern weiß natürlich, wie man damit umzugehen hat: Lieber Aufgabenträger des Nahverkehrs, leider müssen wir die SPFV-Fahrten einstellen, weil sie in die roten Zahlen gelaufen sind, wir können das aber jetzt unbürokratisch lösen, indem wir Eure Nahverkehrsfahrgäste mitnehmen und Ihr im Gegenzug eine Entschädigung aus Regionalisierungsgeldern bezahlt.
Genau hier sehen wir aber auch in Siegen, wo das hinführt. Der Aufgabenträger hat den Regionalexpress abbestellt, dafür fährt jetzt der InterCity im Zweistundentakt mit schlechteren Pünktlichkeitswerten, schlechterer Qualität und keinerlei Kontrollmöglichkeiten durch den Aufgabenträger; nur das Geld fließt weiter. Was wir für einen verlässlichen Deutschlandtakt im Fernverkehr wirklich brauchen ist ein Bestellerprinzip.
Das trauen sich aber auch die Vertreter des Deutschlandtakts zumindest in ihrer Gesamtheit nicht auszusprechen, wahrscheinlich weil man die Unterstützung des DB-Konzerns nicht riskieren will. Aber wir müssen nun einmal sagen, dass die verlässliche bundesweite Anbindung im überregionalen Verkehr auf eigenwirtschaftlicher Basis nicht funktioniert. Beim Beginn der Eisenbahnreform im Jahr 1994 hat man das durchaus erkannt.
Das Grundgesetz sieht in Artikel 87e eine Pflicht durch den Bund vor, den Verkehrsbedürfnissen auf der Schiene Rechnung zu tragen, das nähere regelt ein Bundesgesetz. Es gibt dieses Bundesgesetz nicht, obwohl es bereits zweimal im Bundesrat verabschiedet wurde, hat es nie den Weg in den Bundestag gefunden. Hier muss man in einer neuen Legislaturperiode eisenbahnpolitisch umfassend ran. Wir müssen weg vom eigenwirtschaftlichen Fernverkehr hin zu bestellten Leistungen, deren Qualität dann auch wie im Nahverkehr kontrolliert wird.
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
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Quelle: Zughalt.de