29.10.24
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) warnt vor einem Entwurf der Bundestagsfraktion von CDU und CSU zur erleichterten Entwidmung von Eisenbahnstrecken. Der Gesetzentwurf zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) sieht vor, dass die zuständigen Behörden auf Antrag beispielsweise der Eigentümer, der Kommunen oder des Straßenbaus Bahnflächen von Verkehrszwecken freistellen – also entwidmen – muss, wenn kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist.
Bisher sah der gerade erst neu geregelte § 23 AEG vor, dass die zuständige Behörde zwischen einem überragenden öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Fläche für den Eisenbahnverkehr und dem Interesse an einer Zweckentfremdung abwägen muss. „Wir dürfen Bahnflächen nicht zur Plünderung freigeben. Mit der erneuten Gesetzesänderung wird für den Ausverkauf von Bahnflächen Tür und Tor geöffnet“, so VDV-Vizepräsident Joachim Berends. „Die im Gesetzentwurf vorgesehene Prüfung, ob kein Verkehrsbedürfnis mehr bestehe und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur nicht zu erwarten sei, verhindert dies nicht, da unklar ist, wie dies bestimmt wird. Die Interessenten einer Zweckentfremdung finden stets Argumente dafür, dass Verkehrsflächen nicht mehr gebraucht würden.“
Hintergrund: Seit dem Start der Eisenbahnreform 1994 differenziert der Gesetzgeber zwischen der Stilllegung und der Entwidmung von Eisenbahnflächen. Zwar kann eine Eisenbahnstrecke stillgelegt werden, sie bleibt jedoch gewidmetes Bahnland und kann nicht so ohne weiteres überbaut werden. Für eine Reaktivierung bedarf es keines Planfeststellungsbeschlusses mehr – bis die Entwidmung erfolgt ist.
Grundsätzlich wollte man dadurch eine Situation schaffen, in der man Eisenbahninfrastruktur rettet und die Verkauf z.B. von stillgelegten Bahnhofsteilen an Investoren für anderweitige Nutzung erschwert hat. Mit der Pflicht zur Entwidmung gäbe es Rechtsansprüche zulasten der Eisenbahn. Das möchte der VDV verhindert. Zudem sei häufig heute noch nicht absehbar, wie sich der Flächenbedarf entwickelt – der Bedarf an schadstoff- und CO2-armen Transporten nehme zu, die Schiene soll im Personen- und Güterverkehr mehr leisten.
„In einer Phase wie jetzt, in der unser Verkehrssystem vor einem umfassenden Umbau steht und noch gar nicht vollständig absehbar ist, welche Flächen noch gebraucht würden, ist ein Moratorium für Entwidmungen sinnvoll, dass nur Ausnahmen für bereits begonnene Projekte vorsehe“, so Joachim Berends. „Zumindest muss sichergestellt werden, dass im Rahmen einer Ermessensentscheidung eine Abwägung unter Einbeziehung aller potenzieller Interessenten erfolge, bei den der Vorrang im Zweifel bei der Nutzung für Eisenbahnzwecke und die Darlegungs- und Beweislast beim Antragsteller liegt.“ Die Argumentation mit dem öffentlichen Interesse am Wohnungsbau auf Bahnflächen sei häufig nur vorgeschoben.
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
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Quelle: Zughalt.de