28.04.25
DB InfraGo hat vor Ostern den aktuellen Netzzustandsbericht für das Jahr 2024 vorgelegt. Demnach hat sich die Qualität der Infrastruktur insgesamt verbessert. Untersucht und nach dem Schulnotensystem bewertet wurden alle Brücken, Tunnel, Stützbauwerke, Gleise, Weichen, Bahnübergänge, Stellwerke, Oberleitungen sowie Anlagen der Bahnhofsinfrastruktur. Die Zustandsnote für das gesamte Schienennetz verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahr von 3,03 auf 3,00, wobei das Flächennetz jenseits der Hauptkorridore mit einer Zustandsnote von 2,96 besser abschneidet als die hochbelasteten Streckenabschnitte. Für die Bahnhöfe verbesserte sich die Zustandsnote von 3,09 auf 3,03.
Philipp Nagl, Vorstandsvorsitzender der DB InfraGo AG: „Das gab es seit sehr vielen Jahren nicht: Wir haben die Verschlechterung des Zustandes unserer Infrastruktur gestoppt. Aus dem neuen Zustandsbericht lässt sich klar ablesen, dass das Rekordbauvolumen des letzten Jahres mit 19,6 Milliarden Euro gut angelegt ist. Jetzt kommt es darauf an, diese Mittel langfristig zu verstetigen – dann kann eine echte Trendwende gelingen. Denn trotz des jetzigen Erfolgs sind viele unserer Anlagen und Bahnhöfe unverändert in keinem guten Zustand. Wir müssen sie besser machen, um Kundinnen und Kunden von der Bahn zu überzeugen. Das gelingt nur, wenn wir den Sanierungskurs konsequent weitergehen können. Das beschlossene Sondervermögen bietet dafür eine einmalige Chance.“
Insgesamt hat die DB InfraGO im vergangenen Jahr rund 2.000 Kilometer Gleise, 1.800 Weichen und 120 Brücken mit rund 35.000 Quadratmetern Fläche sowie 3.500 Stelleinheiten der Leit- und Sicherungstechnik erneuert und modernisiert. Außerdem baute das Infrastrukturunternehmen des DB-Konzerns an mehr als 870 Bahnhöfen. Dabei sind unter anderem mehr als 200 Fahrtreppen und Aufzüge erneuert oder ausgetauscht worden, rund 150 Bahnsteige barrierefrei umgebaut und 1.600 Monitore und Anzeiger zur Reisenden-Information erneuert worden.
Gleichzeitig wurde mit der Umsetzung an 113 Stationen das Konzept der Zukunftsbahnhöfe etabliert. Dringender Handlungsbedarf besteht weiterhin bei der Modernisierung der Leit- und Sicherungstechnik. Stellwerke erreichen nur die Note 4,12. Jedes zweite der rund 4.000 Stellwerke ist erneuerungsbedürftig. Daher wird die DB in den kommenden Jahren 200 veraltete Stellwerke ablösen und durch moderne Technik ersetzen. Insgesamt besteht für knapp 17 Prozent der Anlagen im Schienennetz Erneuerungsbedarf, rund 35 Prozent müssen instandgesetzt werden. Dies zeigt sich auch in der regionalen Auswertung des Infrastrukturzustands.
Die ostdeutschen Bundesländer, in denen seit der Wiedervereinigung bereits umfassend in die Modernisierung des Schienennetzes investiert wurde, erzielen bessere Zustandsnoten als die Länder im übrigen Bundesgebiet. Bei den Bahnhöfen besteht insbesondere bei den Empfangsgebäuden sowie den Anlagen der Informations- und Telekommunikationstechnik und bei Aufzügen Handlungsbedarf. Um eine langfristig stabile und leistungsfähige Infrastruktur sicherzustellen, sind deshalb weitere, gezielte Investitionen erforderlich.
Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, sieht vor allem die Politik in der Pflicht: „Wir gehen davon aus, dass das Sondervermögen für die Infrastruktur hier haushaltspolitische Spielräume schafft, um den Investitionsstau in den kommenden zwölf Jahren abzuarbeiten. Ebenso wichtig dafür ist die bereits im Koalitionsvertrag angekündigte Schaffung eines Eisenbahninfrastrukturfonds. Durch den Fonds könnten Mittel für Sanierungs- und sonstige Baumaßnamen planbar und beschleunigt abgerufen werden, weil dann die Mittelvergabe nicht mehr allein vom jährlichen Bundeshaushalt abhängt.“
Wie schon im vergangenen Jahr, fordert die Allianz pro Schiene Bund und Deutsche Bahn zu einem gemeinsamen Vorgehen bei der Beurteilung des Netzzustands auf. Positiv sei aber, dass der Investitionsstau im Jahr 2024 nicht noch weiter angewachsen sei.
Flege: „Um die Schieneninfrastruktur wirklich steuern zu können, braucht der Bund klare Kennzahlen, die bei der Entwicklung des bundeseigenen Schienennetzes erreicht werden sollen. Das erfordert eine gemeinsame Absprungbasis, was die Beurteilung des gegenwärtigen Netzzustands betrifft. Der Bund sollte die Aussagen im InfraGO-Zustandsbericht rasch prüfen, um eine belastbare Grundlage für das weitere Vorgehen zu haben – bislang ist das leider noch nicht passiert.“
Stefan Hennigfeld
Redaktioneller Leiter
Zughalt e.V.
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Quelle: Zughalt.de