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So nicht, liebe Eisenbahnretter

(Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Stellen Sie sich vor, Vlexx gerät wegen der Corona-Krise in Schwierigkeiten. Können Sie sich vorstellen, dass die italienische Staatseisenbahn hier mit Geld aus einem italienischen Rettungsschirm den deutschen SPNV rettet? Halten Sie es für vorstellbar, dass die niederländische Regierung niederländische Steuermittel aufwendet, die der Westfalenbahn zugute kommen?

Wäre es vorstellbar, dass die Nordwestbahn von einem französischen Rettungsprogramm zugunsten des Transdev-Hauptgesellschafters CDC profitieren kann? Wohl kaum. Wieso also sollte der deutsche Steuerzahler mit Geld, das eigentlich der inländischen Eisenbahnfinanzierung dienen soll, möglicherweise verlustträchtige Geschäfte von DB Arriva oder DB Schenker im inner- oder außereuropäischen Ausland finanzieren?

Genau auf sowas würde eine einfach so in den Konzern eingezahlte Kapitalerhöhung aber hinauslaufen. Gerade weil DB Regio ja vermutlich von einem gesonderten SPNV-Rettungsschirm profitieren dürfte, über den momentan separat verhandelt wird. Es gibt hier also schlichtweg keinen Grund, den Konzern doppelt zu retten. Im Gegenteil: Hier würde man nicht die Folgen einer nicht vorhersehbaren Pandemie bewältigen, sondern die strukturellen Probleme des Konzerns und seines nach wie vor zu großen Wasserkopfes.

Oder sprechen wir vom SPFV: Der Konzern scheint sich für den Betrachter nach wie vor als Teil öffentlicher Daseinsvorsorge zu sehen. Doch dieser Blick ist zu oberflächlich: Der Konzern suggeriert nur regelmäßig, er habe nach wie vor als bundeseigene Aktiengesellschaft gemeinwirtschaftliche Aufgaben und Funktionen. Mandatsträger, die sich um die Schienenanbindung ihres Wahlkreises sorgen, aber keine tieferen Kenntnisse über die Struktur der Eisenbahn haben, schlucken diese Pille oftmals.

Tatsächlich hat man bei der DB AG von Anfang an auf staatliche Rettungsgelder spekuliert, die jetzt ja auch zu fließen scheinen. Ordnungspolitisch und vergaberechtlich sauber ist das jedoch nicht. Aber: Gute Argumente, die man bei Mofair ganz sicher hat, sind die eine Seite. Die Lobbyarbeit, die der Konzern mit seinen Vorfeldorganisationen leistet, sind die andere.

Aus Sicht der DB AG ist alles richtig gelaufen. Man hat die Politik erneut hinter sich gebracht und man kann wahrscheinlich sogar doppelt profitieren: Einerseits vom allgemeinen Nahverkehrsrettungsschirm, andererseits von einer Kapitalerhöhung und die meisten Politiker glauben nach wie vor, dass „die Bundesbahn“ gutes im Schilde führt, während „die Privatbahnen“ rein renditeorientiert unterwegs seien.

Hier gilt es, einen Verband wie Mofair nicht nur mit guten Inhalten aufzustellen, sondern finanziell so auszurüsten, dass man der politischen Ebene im Bund und in den Ländern genauso nahesteht und allgegenwärtig ist, wie die DB AG es mitsamt den dem Einflussbereich des Konzerns zuzurechnenden Institutionen bereits ist. Das kostet zwar Geld, dessen Nutzen man nicht einfach so standardisiert ausrechnen kann, dennoch lohnt es sich: Man muss eben doch manchmal klotzen statt kleckern.

Siehe auch: Mofair: Kritik an DB-Finanzierung




Stefan Hennigfeld
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