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Abellio: Personalmangel und RRX-Start vor Augen

julia limia y campos - Bahnnews - Bahnberufe.de

(Nordrhein-Westfalen) Autor:Stefan Hennigfeld

Seit der Betriebsaufnahme der S-Bahn Rhein-Ruhr vergangenen Dezember steht Abellio Rail NRW vor erheblichen Problemen, die es in der Vergangenheit nicht gab. Personalmangel – ein branchenweites Problem – sorgt dafür, dass es zu Zugausfällen kommt und zuletzt hat der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr als zuständiger Aufgabenträger das Unternehmen schriftlich abgemahnt.

Auf der Linie S 3 fährt TRI als Subunternehmen, in Hattingen und Bochum-Dahlhausen ist Abellio daher im Moment nicht selbst unterwegs. Der Nordast der S 9 hätte im Mai starten sollen, allerdings hat man in Abstimmung mit dem VRR diese Leistungsausweitung verschoben, um das vorhandene Angebot auf solide Füße zu stellen. Dabei ist man auch durch die Corona-Krise in die jetzige Situation gekommen.

„Zahlreiche Ausbildungskurse mussten auf Anordnung des Gesundheitsministeriums unterbrochen werden, außerdem dürfen Lehrlokführer nur noch mit einer weiteren Person auf dem Führerstand unterwegs sein. Hierdurch verlängert sich der Erwerb von Strecken- und Baureihenkunde überdurchschnittlich“, so Abellio NRW Pressesprecherin Julia Limia y Campos dem Eisenbahnjournal Zughalt.de gegenüber. Allein wegen der Coronakrise rechnet man mit vierzig Lokomotivführern, die bis Ende Mai in den Dienst hätten eintreten sollen, deren Ausbildung sich aber aus diesem Grund verzögert hat.

Dazu kommen immer wieder Lokomotivführer, die kurz nach ihrer Ausbildung doch einen anderen beruflichen Weg einschlagen: „Grundsätzlich ist beim NWL eine NRW-weite Clearingstelle eingerichtet, die Entschädigungszahlen zwischen den Eisenbahnverkehrsunternehmen vorsieht, wenn jemand in den ersten fünf Jahren nach einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung das Unternehmen wechselt“, erklärt Limia y Campos. „Das gilt aber nicht, wenn jemand die Eisenbahnbranche selbst verlässt.“

Ein weiterer Faktor sind die Tarifabschlüsse der vergangenen Jahre. Oftmals gab es Wahlmodelle zwischen einer Gehaltserhöhung und einer Arbeitszeitverkürzung oder zusätzliche Urlaubstage, sodass die Zahl der zu suchenden Mitarbeiter weiter gestiegen ist – und das bei einem ohnehin abgegrasten Markt.

„Der Beruf des Lokomotivführers ist ein anspruchsvoller und die Menschen, die unsere rund 3.000 PS starken Maschinen steuern, müssen dafür auf vielfältige Art und Weise qualifiziert sein“, sagt Julia Limia y Campos. „Deshalb nimmt die Ausbildung Zeit in Anspruch. Auf gar keinen Fall werden wir auf Kosten der Qualität und der Sicherheit sparen. Aus diesem Grund haben wir uns in der Vergangenheit bereits von einem Bildungsträger getrennt.“

Parallel wird die Linie RB 46 zwischen Bochum und Gelsenkirchen auf einen Stundentakt ausgedünnt, um Lokomotivführer in anderen Linien zu haben. Limia y Campos: „So schwer uns dieser Schritt fällt, haben wir uns auch für eine Ausdünnung dieser Linie entschieden, weil unsere Fahrgäste mit den parallel laufenden ÖPNV-Linien ein gutes Alternativangebot im Zehn-Minuten-Takt haben.“

Darüber hinaus versucht man, sich als Arbeitgeber weiter attraktiv zu machen. An den Standorten Aachen, Essen, Köln und Wuppertal sucht Abellio verstärkt Lokomotivführer, die für das Netz des Unternehmens mit Strecken- und Baureihenkunde versehen werden. Diese Flex-Tf sollen dann pro Monat tausend Euro über dem Tarifvertrag des Unternehmens verdienen und einen Dienstwagen gestellt bekommen. Limia y Campos: „Wir spielen diese Kampagne derzeit auf Großflächen und in den sozialen Medien und hoffen so das Interesse für den Beruf des Triebfahrzeugsführers weiter zu steigern.“

Parallel dazu steht im nächsten Monat der Start der RRX-Linie RE 1 an. Bereits im Dezember 2018 hat man die Linie RE 11 übernommen, diese läuft problemlos und das wird auch so bleiben. Es werden keine Mitarbeiter von dieser zwischen Kassel und der Landeshauptstadt Düsseldorf verkehrenden Linie abgezogen.

Abellio startet dabei erstmals in den Städten Aachen und Köln, wo man bislang einen geringeren Bekanntheitsgrad hat als im Rest des Landes. In den ersten Monaten werden fünf von neun Umläufen weiter von DB Regio mit dem bestehenden Rollmaterial gefahren, vier weitere fährt Abellio mit den neuen Zügen und Abellio-Lokomotivführern. „Wir werden die Startschwierigkeiten bis zum Jahresende hinter uns lassen und dann wieder in gewohnter Qualität – wir sind einer der langjährigen Kundenlieblinge im VRR – auf der Schiene unterwegs sein“, so Julia Limia y Campos abschließend.

Siehe auch: Gute Leute für gute Unternehmen




Stefan Hennigfeld
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